20 Liter Regen pro Quadratmeter sind nicht genug, um einen echten Festivalfan zu vertreiben. Feiern können die Badener. Das wissen selbst harte Rapper zu schätzen.

Karlsruhe - „Was für eine Kulisse, Karlsruhe!“, ruft Marteria den Hügel gegenüber seiner Bühne hinauf. Dem Deutsch-Rapper bietet sich ein imposantes Bild: Von der sonst grünen Wiese des „Mount Klotz“ ist keine Handbreit mehr zu sehen. Stattdessen: Tausende bunte Regencapes und noch mehr Hände, die sich ihm entgegen strecken. Als Marterias Auftritt mit bunter Lichtshow und Songs wie „Aliens“ und „Scotty beam mich hoch“ Fahrt aufnimmt, kennt die Menge kein Halten mehr. „Der Mount Klotz hat gebebt“, wird Festivalchef Martin Wacker den Abend später zusammenfassen. 38 000 Feiernde beim Headliner am Samstagabend - das ist für den Veranstalter des Karlsruher Open-Air-Events „Das Fest“ ein Erfolg, mit dem einige Stunden zuvor nicht zu rechnen war.

 

„20 Liter pro Quadratmeter - und das in 30 bis 40 Minuten“, fasst Wetterexperte Bernhard Mühr den Samstagnachmittag zusammen, der auf dem Festival buchstäblich ins Wasser fiel. Das Technische Hilfswerk musste große Wassermassen abpumpen, die Veranstalter schütteten mehrere Tonnen Sand auf dem Gelände aus. „Es hätte uns schlimmer treffen können“, sagt ein Crew-Mitglied. „Immerhin mussten wir nicht abbrechen.“

„Gloria“ rockt die Bühne

Der in Karlsruhe arbeitende Belgier Antoine nutzt das nasse Intermezzo vor dem DJ-Zelt für spontane Tanzeinlagen in einer riesigen Pfütze. „Ich bin pitschnass - das hat aber großen Spaß gemacht“, erzählt er. Die gelassene Devise der meisten Festival-Besucher lautet: Regencape drüber - und die Sonnenbrille trotzdem auflassen.

Dieser Optimismus zahlt sich aus: Schon als die Jungs von „Gloria“ am frühen Abend auf die Bühne treten, lässt der Regen spürbar nach. Frontmann der Band ist der Moderator Klaas Heufer-Umlauf. Auch er hat seine Freude an der vor ihm liegenden Anhöhe: „Es sieht unfassbar aus, wie ihr euch dahinten so kunstvoll gestapelt habt. Oder ist da etwa ein Berg?“

Der „Mount Klotz“ ist somit zwar der prominenteste Fleck des Spektakels, aber lange nicht der einzige: Über die gesamte Günther-Klotz-Anlage, ein großes Parkgebiet, erstreckt sich das Festival-Gelände. Es umfasst auch einen kostenlosen Bereich mit zwei Bühnen und vielen Ständen. Zählt man die Besucher dort mit, kommen die Veranstalter am Samstag eigenen Angaben zufolge auf 55 000 Gäste. Am Sonntag soll das noch deutlich übertroffen werden - bei besserem Wetter erwarten sie 70 000 bis 80 000 Besucher. Polizei und Deutsches Rotes Kreuz ziehen eine positive Zwischenbilanz: keine größeren Zwischenfälle, trotz Hitze und Regen feiern die Massen ein friedliches Fest.

Das Fest im Wandel der Zeit

Der 63 Jahre alte Karlsruher Roland kann sich noch an Zeiten erinnern, als „Das Fest“ gerade mal 300 Gäste hatte - „Mitte der 80er“ ist er zum ersten Mal dabei gewesen, danach fast jedes Jahr. Diesmal freut er sich besonders auf die „Simple Minds“, die am Sonntagabend den krönenden Abschluss bilden.

Sie sind die letzten von rund 1000 Künstlern, die Karlsruhe an diesem Wochenende zum Beben bringen. Über alldem flattert an der Spitze des „Mount Klotz“ eine badische Flagge, wie sie gerade auf dem Karlsruher Schloss für Wirbel gesorgt hat. Hier stört sich niemand daran.