Als der Herrscher endlich aufbrach, tat er’s, wie ihm sein päpstlicher Gastgeber geraten hatte: er legte „nach Welsch und Römischer Art ein großen, weiten, breiten Rock, darob ein Welschen Mantel und große weite maulete Schuch wie die Pantoffeln“ an, was ihm arg gegen den Strich ging. Denn Protzerei war ihm zuwider, ihm genügte die schlichte fränkische Landestracht. Ja, wie sein Biograf, ein zierlich-kunstsinniger Mann von mönchischer Gelehrsamkeit, weiter berichtet, versah sich der Herrscher am liebsten mit „Kleidern, schuchen, allweg nach der teutschen Art, si dieselbige zeit im brauch war, nit vil kostlicher dann der gemeine mann“. (Die Schreibart des Dokuments darf nicht wundern, sie stolpert groß-klein querbeet, als wäre die Orthografie ein zerfetzter ausgetretener Stiefel; just so ging’s aber zu im sechzehnten Jahrhundert. Und unsere Biografenbemerkung ist haarklein so kraus geschnürt, wie Aventins Bayerische Chronik von 1566 sie uns vorstellt.)

 
Vom Herrscher selbst sei noch erwähnt, dass seine Abneigung gegen Luxus und Prunksucht so stark war, dass er acht Jahre nach jener Romfahrt die erste Kleiderverordnung in Nordeuropa erließ. Darin war festgelegt, wie das gewöhnliche Fußvolk einhergehen sollte – und dass nur dem Adel schuhmodisch hervor zu stechen erlaubt war: nämlich durch rotfarbenes Schuhwerk. Noch im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert galten rote Absätze als Standessymbol, vorbehalten einzig dem Adel. Zurück aber zu unserem Herrscher: Purpur, der reinste, mit Füßen getretene Luxus, durfte allein des Kaisers Schochen zieren – ein Vorrecht, aus welchem später die Redewendung hervorging, der Herrscher lege Purpurschuhe an, was soviel hieß wie: jetzt will er sich zum Kaiser krönen lassen.

Erst erlesen, dann anrüchig

Zwar kehrte die Farbe Rot lebensfroh verweltlicht wieder in den Pumps, die man am Hofe Ludwigs XIV. trug, doch neigte ein späterer Zeitgeist dazu, in roten Schuhen Teufelswerk zu erkennen, sündhaft-verführerisch wie in Hans Christian Andersens Märchen „Die roten Schuhe“, worin das unselige Barfußmädchen, das nur im Winter Holzschuhe tragen darf, für seine Hoffahrt entsetzlich bestraft wird: Weil es die neu erlangten roten Glanzlederschuhe frech zur Einsegnung und zum Heiligen Abendmahl trägt, wird es von einem Invaliden unter der Kirchtür quasi gebannt, verwunschen zu immerwährender zuckender Tanzerei – so lange, bis es den Scharfrichter bittet, ihm gar die Füße abzuhauen, in einem Verstümmelungswerk, welches Aschenputtels fersen- und zehenopfernde Schwestern freiwillig übten . . . Auf Holzfüßen trippelt die Arme ihrer Erlösung entgegen: „Ihre Seele“, heißt es zum Schluss, „flog auf Sonnenstrahlen zu Gott, und dort war niemand, der nach den roten Schuhen fragte.“

Dem Herrscher hätte Andersens Märchen vermutlich gefallen. Nur die Sache mit der roten Farbe, die hätte ihn schwer irritiert.