Das Bauern- und Heimatmuseum in Unterweissach ermöglicht eine Reise in die Vergangenheit. Seinen Sitz hat es in einem Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert.

Weissach im Tal - Wer am Ortsende von Unterweissach nicht aufpasst, rauscht glatt auf der Brüdener Straße an Tante Friedas Haus vorbei. Und erhascht allenfalls noch aus dem Augenwinkel den hübschen Bauerngarten nebenan, in dem säuberlich gestutzte Buchshecken die Beete mit Kohlrabipflanzen und Zwiebeln, mit purpurfarbenem Sonnenhut und roten Rosen einfassen. Doch eine Kehrtwende lohnt sich. Denn ein Rundgang durch das stattliche Fachwerkhaus mit Scheuer ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit.

 

Die im Jahr 1919 geborene Tante Frieda war die letzte Bewohnerin des 1781 erbauten Bauern- und Weberhauses in der Brüdener Straße 7. Anfang der 1980er-Jahre ist sie dort ausgezogen – und hat so einiges zurückgelassen: vom Himmelbett, auf dessen oberem Rahmen etwas Geld „auf der hohen Kante“ liegt, über Gesangbücher im Regal an der Wand bis hin zu den eingeweckten Vorräten im Gewölbekeller – grüne Bohnen und Birnenschnitz, Mirabellen und Essiggurken. Von der Kellerdecke baumelt eine „Brothänge“, eine Konstruktion aus Holz, auf der die Laibe mäusesicher aufbewahrt werden konnten, gegenüber stehen alte Fässer, in denen Tante Frieda in früheren Zeiten ihren Most aufbewahrt hat.

„Lernen vor Ort“ im Mitmachmuseum

Die einstige Bewohnerin ist zwar nicht da, aber dennoch allgegenwärtig. Und so, sagt Jürgen Hestler, der Vorsitzende des Heimatvereins Weissacher Tal, sei ein Besuch im Bauern- und Heimatmuseum Weissacher Tal irgendwie auch ein Besuch bei Tante Frieda und ihrer Familie.

Die Bewohner des Gebäudes Nummer 7 seien wohlhabende Bauern gewesen, erklärt Jürgen Hestler beim Rundgang durch das Haus, das nun der Gemeinde Weissach gehört und vom Heimatverein betreut wird. Zwar stammen nicht sämtliche Möbel und Gegenstände in den Räumen aus dem Besitz der Familie, aber alle Stücke kommen aus dem Weissacher Tal.

„Wir versuchen, es authentisch zu halten“, sagt der Historiker Jürgen Hestler über das Bauernhausmuseum. Sein Traum ist es, das Gebäude, das die meiste Zeit im Dornröschenschlaf liegt, mit mehr Leben zu füllen, ein „Mitmachmuseum“ einzurichten. Für dieses Projekt hat Jürgen Hestler einige Pädagogikstudenten gewinnen können, die in den kommenden Monaten erarbeiten, wie dieses „Lernen vor Ort“ aussehen könnte.

Schauweinberg und Webstühle

Gerätschaften gibt es mehr als genug im geräumigen Haus, manche in mehrfacher Ausführung. Ein wichtiger Schritt sei es, „alle Geräte und Maschinen im Haus wieder in Gang zu bringen“, sagt Hestler – vom Webstuhl bis zur Dreschmaschine in der alten Scheune. Obendrein hat der Heimatverein Werkstätten eines Wagners, eines Schmieds und eines Drechslers sowie eine Schusterwerkstatt vermacht bekommen. Schon jetzt wird immer wieder mal an den zwei Webstühlen geschafft. Auf der ehemaligen Bleichwiese hinter dem Haus hat der Heimatverein einen Schauweinberg mit alten robusten Rebensorten angelegt, der nach traditionellen Methoden bewirtschaftet wird. Als eine weitere Aktion schwebt Jürgen Hestler beispielsweise vor, einen Waschtag wie anno dazumal nachzuvollziehen. Ob hölzernes Waschbrett oder handbetriebene Wäscheschleuder – in der einstigen Waschküche steht alles, was fleißige Waschfrauen und -männer brauchen. „Wenn der Opa mit dem Enkel hierher kommt, ist das toll“ sagt Jürgen Hestler.

Der Traum des Vereinsvorsitzenden ist auch ein Erntetag, bei dem Pferde vor den Wagen in der Scheuer gespannt werden, und dann geht es aufs Feld, wie einst in Tante Friedas Kindheit. Jürgen Hestler weiß, wie das aussehen müsste. Denn Fotos solcher Ernteszenen aus dem Weissacher Tal sind erhalten: Im Großformat hängen sie an den Wänden der Scheune.

Die nächste Aktion des Vereins findet am Tag des Schwäbischen Waldes, dem 18. September, statt: Dann öffnet in Tante Friedas Haus für einen Tag eine Bauernschenke ihre Türen.