Das Gerede der Bundesliga-Clubs vom fehlenden Geld ist Augenwischerei. Der wahre Grund für die in dieser Saison oftmals enttäuschenden Leistungen sind hausgemacht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Beim FC Schalke erzählt man sich heute noch eine Geschichte aus dem Jahr 2000. Der Abwehrspieler Thorsten Legat entschuldigte damals sein Fernbleiben vom Training telefonisch mit dem Tod seiner Mutter. Der Manager Rudi Assauer wollte daraufhin persönlich kondolieren, klingelte an der Haustür, die prompt von Legats Mutter geöffnet wurde.

 

Ausreden haben in der Fußball-Bundesliga Tradition. In der an diesem Samstag zu Ende gehenden Spielzeit ist aber eine ganz neue Form aufgetreten: die Sammelausrede. So erklärten gleich eine Reihe von Clubs ihre enttäuschenden Auftritte mit der deutschen 50+1-Regelung. Diese schreibt vor, dass hierzulande ein Kapitalanleger nicht die Anteilsmehrheit an einer ausgegliederten Profiabteilung erwerben kann, sondern dass die Majorität der Stimmen beim Verein verbleiben muss. Somit soll verhindert werden, dass die Kontrolle an einen Investor übergeht, der nicht die Interessen des Clubs vertritt, sondern in erster Linie die eigenen finanziellen.

Grobe Planungsfehler haben Traditionsclubs nach unten gezogen

Es hat lächerlich gewirkt, als die früh in dieser Europa-League-Saison ausgeschiedenen Bundesligaclubs im Nachgang von fehlenden finanziellen Mitteln gesprochen haben. Zur Erinnerung: der 1. FC Köln, Hertha BSC und 1899 Hoffenheim hatten in der Gruppenphase gegen Roter Stern Belgrad, Östersunds FK und Ludogorez Rasgrad das Nachsehen. Allesamt Clubs, denen weit weniger Geld zur Verfügung steht. Seltsam auch, dass die Clubs im März mit großer Mehrheit für die Beibehaltung der 50+1-Regel gestimmt haben.

Der wahre Grund für die in dieser Saison oftmals enttäuschenden Leistungen sind hausgemacht. Dass vor dem letzten Spieltag Köln, Hamburg und Wolfsburg die letzten drei Plätze belegen, hat nichts mit Geld, sondern viel mehr mit groben Planungsfehlern zu tun. In Köln rächte sich, den Torjäger Anthony Modeste zu verkaufen und beim Versuch ihn zu ersetzen, komplett versagt zu haben. Obwohl dafür 25 Millionen Euro zur Verfügung standen. Auch der Hamburger SV und der VfL Wolfsburg lagen in ihrer Transferpolitik daneben, was in diesen beiden Clubs Tradition hat.

Das Wichtigste: der Trainer

In dieser Saison ist außerdem besonders deutlich geworden, wie wichtig es ist, den passenden Trainer zu verpflichten. So hatte Jupp Heynckes nach seiner überraschenden Reaktivierung ganz entscheidenden Anteil daran, dass der FC Bayern in der Bundesliga einsam seine Runden gezogen und auch in der Champions League ein sehr gutes Bild abgegeben hat. Im Halbfinale zeigten die Münchner insgesamt eine bessere Leistung als Real Madrid und hätten es verdient gehabt, das Endspiel zu erreichen.

Auch in Stuttgart hat sich der Trainerwechsel bezahlt gemacht. Tayfun Korkut hat den VfB auf einen einstelligen Tabellenplatz geführt, was allergrößten Respekt verdient. Weniger Glück hatte dagegen Borussia Dortmund bei der Trainerwahl. Weder Peter Bosz noch Peter Stöger überzeugten in dieser Saison. Der BVB braucht jetzt ganz dringend eine passende Lösung, um nicht endgültig den Anschluss an die Bayern zu verlieren. Scheinen sich im Moment doch nur die Dortmunder zuzutrauen, der Münchner Liga-Langeweile etwas entgegensetzen zu können. Andere Konkurrenten glauben viel weniger an die eigene Stärke, sondern spekulieren viel mehr auf eine mögliche Schwäche der Bayern. Die wurde bereits im neuen Trainer Niko Kovac ausgemacht, für den der FC Bayern eine Nummer zu groß sein könnte. Allein auf diese Hoffnung zu bauen, ist aber schon wieder der falsche Ansatz.

Und deshalb werden in der kommenden Saison auch wieder Ausreden zu hören sein, die aber nicht so originell sein dürften, wie die aus dem Jahr 1976 vom Trainer des FC Homburg, Uwe Klimaschefski, der eine Niederlage so erklärt hatte: „Meine Spieler sind Intellektuelle, die den Tod von Mao letzte Woche nicht verkraftet haben.“