Die Berliner Sängerin Lisa Bassenge war zu Gast im Bix mit melancholischen Covers amerikanischer Evergreens.

Stuttgart - Nur zum Knurren des Kontrabasses von Andreas Lang intoniert Lisa Bassenge Bill Withers‘ Klassiker „Grandma’s Hands“, behutsam formt sie jede Silbe der Erinnerungen an eine denkwürdige Großmutter. Meistens aber bestimmt am Freitagabend im ausverkauften Bix der Pianist Jacob Karlzon die Grundierung, etwa wenn Bassenge Warren Zevons fröhliches Abschiedslied „Keep me in your Heart for a while“ anstimmt oder Neil Youngs ominöses Folk-Hymne „Don’t let it bring you down“.

 

Die Berliner Sängerin hat einen erstaunlichen Tonumfang, in „It’s Raining“, einer Allen Toussaint-Komposition aus dem Soundtrack des Jim Jarmusch-Films „Down by Law“, schöpft sie ganz tief. Mächtigem Blues-Röhren frönt sie in „Ramblin‘ Man“ von Hank Williams und imitiert gekonnt den Stimmüberschlag der Countrysänger.

Erst im zweiten Set kommt sie auf Betriebstemperatur

Die Berliner Sängerin verfügt über eine gesalbte Stimme und einen mondänen Auftritt. An diesem Abend kommt sie nach einem spröden ersten Set erst nach der Pause auf Betriebstemperatur. Die minimalistische Kammer-Begleitung, die genau so auf Bassenges aktuellem, melancholischem Cover-Album „Borrowed and Blue“ zu hören ist, erweist sich als schwieriges Format – die Sängerin ist exponiert, die Stimme fast nackt. Es ist das zweite Album in Folge mit amerikanischen Evergreens, und auch live spielt Bassenge keinen ihrer deutschsprachigen Titel („In dieser Stadt“), in denen sie eine ganz eigene Magie entfalten. Karlzon steuert virtuose Soli bei, die stark Richtung Jazz weisen. Er entwickelt sich zum Begleiter vom Dienst: Erst vor wenigen Wochen hat er im Bix die Stimme der Schwedin Viktoria Tolstoy untermalt.

Lisa Bassenge wagt sich zum Abschluss noch an Joni Mitchells „Woodstock“, und die Botschaft von Liebe und Frieden vermittelt sich – obwohl Teile des Publikums den Abend über keinerlei Respekt gezeigt, laut geredet und sogar mit Blitz fotografiert haben. Offenbar ist in Stuttgart ein Teil der Konzertgänger dabei, die Kulturtechnik des Zuhörenkönnens aufzugeben zugunsten unmöglichen Benehmens.