Wie überleben kleine Lebensmittelläden jenseits der großen Ketten? Was zeichnet sie aus? Wer treibt sie um, und was treibt diejenigen wiederum an? Eine Serie geht diesen Fragen nach. Dieses Mal: der Hofladen in Birkach.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach - Sein Argument ist grün und hat keinen braunen Fleck. Walter Schwaiger stützt sich aufs Regal auf dem Hof und greift in die Auslage. Auf der mittleren Schiene ist an jenem Tag Kopfsalat im Angebot. Der Strunk des grünen Kopfes ist hell und nicht braun, ein Zeichen dafür, dass Schwaiger erst am Morgen das Messer auf dem Feld angesetzt hat, wie er erklärt. „Die Leute wollen es frisch, und die Leute wollen wissen, wo es herkommt“, sagt er.

 

Dreimal die Woche geöffnet

Den Leuten das zu geben, was sie seiner Beobachtung nach wollen, brachte Walter Schwaiger Ende der 1990er-Jahre auf seine Geschäftsidee. Seither stehen er und seine Frau Linda dreimal die Woche im Hofladen an der Aulendorfer Straße in Birkach und verkaufen Lebensmittel aus der Gegend. An zwei weiteren Tagen ist der Hofladen in Plattenhardt geöffnet.

Einiges von der Ware – wie beispielsweise der Salat, Kohlrabi, Sellerie und Wirsing – produziert das Ehepaar aus Plattenhardt selbst, anderes kaufen die Schwaigers bei Kollegen. Stets unter der Prämisse, dass das Fleisch, die Milchprodukte und der Likör nicht Hunderte Kilometer in den Hofladen gekarrt worden sind.

Wenn der 57-jährige Walter Schwaiger erzählen will, wie es einst mit ihm und seinem Laden angefangen hat, macht er das am liebsten draußen auf dem Hof. Es ist Freitagnachmittag und damit hektisch drinnen zwischen Kartoffeln, Erdbeeren und Hausmachernudeln. Immer wieder unterbricht er sich selbst und sagt vorbeigehenden Kunden „Grüß Gott“.

Lebenstraum würde er es nicht nennen

Sowohl er als auch seine Frau stammen aus Bauernfamilien, sie aus Birkach, er aus Plattenhardt. Beide haben zunächst beruflich eine etwas andere Richtung eingeschlagen: er als Landmaschinenmechanikerin, sie an der Uni Hohenheim. Dass sie sich vor einem Vierteljahrhundert doch für diese Branche – nämlich die produzierende Landwirtschaft – entschieden haben, obwohl viele ihrer Kollegen klagen, versteht sicher nicht jeder. Lebenstraum würde Walter Schwaiger das Ganze nicht nennen, „das wäre ein bisschen hochgegriffen“, sagt er. Es ist einfach sein Ding. Die Erde unter seinen Fingernägeln beweist, dass er anpackt und nicht nur delegiert. Er hat elf Mitarbeiter und kümmert sich viel ums Bürokratische. „Aber manche Sachen muss man einfach selbst machen“, sagt er.

Auch wenn die Lauchstangen und Rote Bete in den blauen Kisten optisch im Mittelpunkt des Ladens stehen, die Spezialität der Schwaigers war von Anfang an eine andere: Backwaren. Das Korn gedeiht in Birkach und Filderstadt, zermahlen wird es in einer Mühle in Nellingen. „Von der Saat bis zum Brot – alles aus einer Hand“, referiert er den Werbeslogan seines Betriebs.

Bewusst gegen Viehhaltung entschieden

Gebacken wird in Plattenhardt, in mittlerweile sieben Steinbacköfen. Die Tochter Bianca ist Bäckermeisterin. Ganz am Anfang haben sie aus der Küche heraus verkauft, erzählt Walter Schwaiger. „Das alles ist nicht in acht Tagen entstanden.“ 1997 war der Laden in Birkach fertig – im ehemaligen Kuhstall. Das ist irgendwie symbolisch. Denn die Schwaigers haben sich damals – als bei beiden das Thema Hofnachfolge anstand – bewusst gegen die Viehhaltung und für den Getreide- und Gemüseanbau entschieden. Wer Tiere versorgen muss, habe kaum Zeit für sich, sagt er. Sie hingegen sperren im Winter traditionell die Läden ab und machen Urlaub.

Ein Selbstläufer sind Hofläden nicht. „Es geht nichts von sich aus“, sagt er. „Wir stehen im starken Wettbewerb mit den Discountern.“ Im Gegensatz zu den Billigheimern hat er neben Brot und Blumenkohl noch etwas anderes im Angebot: persönlichen Austausch. „Im Discounter, da gehst du rein, da gehst du raus.“ Und die Salatköpfe haben mutmaßlich braune Strünke.