Gibt es einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Gemeinderat und Verwaltungsspitze?
Nein, auch innerhalb des Gemeinderates nicht. 90 Prozent der Entscheidungen werden im Konsens getroffen. Bestes Beispiel dafür ist der Rathaus-Neubau, der sich aus sicherheitstechnischen Notwendigkeiten ergeben hat. Der wurde in großer Einigkeit vom Gemeinderat begleitet und beschlossen. Und das hat Auswirkungen auf die öffentliche Stimmung. Wenn man ein Thema geschlossen vertritt, hat man auch die Meinungsführerschaft. Viele Menschen, gerade viele Neubürger, identifizieren sich mit dem Rathaus, weil es schön ist. Das hat nicht zuletzt die große Resonanz am Tag der offenen Tür gezeigt.
Qualität zahlt sich also aus?
Um im internationalen Wettbewerb um Einwohner und Arbeitnehmer zu bestehen, brauchen wir Qualität.
Was meinen Sie mit damit?
Schauen Sie sich die Belegschaft beispielsweise von Bosch an. Die Mitarbeiter dort kommen aus der ganzen Welt. Und auch die müssen sich in Leonberg wohlfühlen. Wir müssen ihnen etwas bieten. Die Beschäftigten von großen Unternehmen in Nachbarkommunen, zum Beispiel Thales in Ditzingen, kommen ebenfalls nach Leonberg.
 

Zwischendurch bringt Tanja Kilper nicht nur Kaffee herein. Die OB-Sekretärin reicht ihrem Chef diverse Unterschriftenmappen. Die Geschäfte müssen auch an diesen Tagen des Abschieds weiterlaufen.

 
Was sind die Konsequenzen?
Die Kernstadt besteht nicht nur aus dem Marktplatz und Alt-Eltingen. Überall, auch in den Teilorten, entstehen Wohngebiete. 2000 Neubürger sind in den vergangenen Jahren gekommen. Die Stadtgesellschaft wird heterogener. Sinnbildlich gesagt: wir brauchen das Eltinger Straßenfest, wir brauchen aber genau so die Lange Kunstnacht. Diese Vielfalt macht die Stadt aus.
Wie wichtig ist das Engagement der Bürger für Qualität und Charakter einer Stadt?
Ganz wichtig! Würde die Stadt alles erledigen, hätten wir eine Art Zuschauer-Demokratie. Wenn die Stadt aber die Voraussetzungen für bürgerschaftliches Engagement schafft, haben wir eine Mitmach-Demokratie. Gute Beispiele für ein lebendiges Miteinander sind der Galerieverein oder die Feiern zum 50. Jubiläum von Leonberg als Großer Kreisstadt. Ohne die aktive Mithilfe der Vereine hätte es nicht solch einen Erfolg gegeben. Ein Erfolgsmodell ist auch das Strohländle. Bei all diesen Projekten muss die Stadt sich fragen, wie sie unterstützen kann, damit der gute Lauf anhält.
Im Sommer haben sich einige Vereine nicht unterstützt gefühlt. Stattdessen mussten sie für das simple Aufstellen von Straßenschildern Lehrgänge zu besuchen.
Das sind Auflagen vom Gesetzgeber, die wir umsetzen müssen. Trotzdem hätte das zuständige Dezernat (Ordnung, die Red.) sehr viel früher und umsichtiger informieren müssen. Das war suboptimal.