Das Monokel ist Café und Ausstellungsraum in einem Hier findet Kunst einen Platz, für die es wenig Raum gibt

Sarah Archut-Zeimpekoglou kann sich vorstellen, auch mal ihre eigene Kunst im Monokel auszustellen. Foto: Sandra Belschner

Bis 29. Mai ist die Ausstellung „Care Concepts“ im Café Monokel in Echterdingen zu sehen. Mit der Kunst, die Sarah Archut-Zeimpekoglou in ihrem Café ausstellt, setzt sie gerne einen feministischen Schwerpunkt. Wie kommt das Konzept Kaffee und Kunst an?

Filderzeitung: Sandra Belschner (sbr)

Einen Ort zu schaffen, an dem vor allem Künstlerinnen den Raum für ihre Arbeit bekommen, den sie verdienen – das war der Traum von Sarah Archut-Zeimpekoglou. Im Café Monokel in Echterdingen, das die 40-Jährige zusammen mit ihrem Mann Terry betreibt, hat sie sich ihn in einem ehemaligen Weinkeller erfüllt. „Ich will den Raum gar nicht beschränken, aber ich habe gemerkt, dass Frauen und queere Künstler nicht so die Vorwerkvertreterinnen sind“, erzählt Archut-Zeimpekoglou.

 

Viele der Künstlerinnen hätten großes Talent, aber nicht das Selbstbewusstsein, sich so laut und schrill zu präsentieren, wie Männer das oft tun, sagt die Echterdingerin. Sie selbst hat Design studiert und arbeitet heute auch als Kunsttherapeutin, „vielen fällt es schwer zu sagen, das habe ich gearbeitet und die Arbeit dann zu verkaufen“. Archut-Zeimpekoglou, die selbst am liebsten Zeichnungen und Schrift in ihren Arbeiten kombiniert, hat den Anspruch, Menschen einen Raum zu geben, die in der Kunstszene unterrepräsentiert sind.

Umso mehr freut sich die 40-Jährige über die aktuelle Ausstellung „Care Concepts“, die derzeit im Monokel besucht werden kann: Die Stuttgarter Künstlerin und Mutter Ann-Josephin Dietz setzt sich in ihrer Arbeit mit geschlechterkonnotierten Zuschreibenden und Abhängigkeiten auseinander und thematisiert die strukturellen Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Mutterschaft und Kunstschaffen. Zu sehen ist etwa ein Kunstobjekt, in dem Dietz über vier Monate notiert hat, wie viel Zeit sie im Alltag für welche Aufgabe verwendet. Die farbigen Mosaikteppiche machen schnell deutlich: Viel Zeit im Alltag geht für Stillen, Spülen, Waschen – sogenannte Carearbeit – drauf. „Es ist leider immer noch so, dass das meiste dieser Arbeit an Frauen hängen bleibt, egal ob Mutter oder nicht“, sagt Archut-Zeimpekoglou, während sie durch den Kunstraum führt.

Gäste waren ergriffen von den Darstellungen

Bei der Ausstellungseröffnung seien viele – vor allem Frauen – von dieser Darstellung ergriffen gewesen. „Vielen ist das ja bewusst, aber es so bildlich zu sehen, ist dann noch einmal etwas anderes“, sagt die Echterdingerin. Es ist genau diese Nahbarkeit und der leichte Zugang, der ihr bei der Kunst, die den Weg ins Monokel schafft, wichtig ist. Vor allem in der aktuellen Zeit, in der sich die Krisen auf der Welt häufen, kann Kunst ein Anker sein, glaubt die Café-Betreiberin. Das Wichtigste dabei sei aber, dass Kunst kein Hobby für elitäre Sonntage bleibt, sondern für alle Menschen zugänglich ist – egal welchen Alters, welches Geschlechts oder welcher Herkunft. Deswegen sei es auch nicht festgelegt, welche Art von Kunst in dem einstigen Weinkeller ausgestellt wird.

„Wir möchten den Raum nicht begrenzen“, sagt Archut-Zeimpekoglou. Aus diesem Grund trägt der Ort den Namen „Offspace“. Willkommen sei alles, was authentisch ist und das widerspiegelt, was die Kunstschaffenden damit aussagen möchten. Auch sei der Raum im Keller des Monokels eher ein Ort der Begegnung als ein reiner Ausstellungsraum. Sogar einen Rave habe es hier schon gegeben, erzählt Archut-Zeimpekoglou. Manchmal sei aber genau das auch die Herausforderung: Den Menschen in Echterdingen und Umgebung zu erklären, was das Monokel genau ist. Café, Weinhandlung, Kunstraum, Co-Working-Space lautet die kurze Antwort darauf, ein Ort, an dem das Paar viele ihrer Interessen kombiniert hat. Die beiden möchten nachhaltig wachsen und vertrauen darauf, dass ein Gast, dem das Konzept gefallen hat, es weiter erzählt – und sie sind zufrieden damit, wie die Idee, Kaffee mit Kunst zu kombinieren, bisher angenommen wird.

Kostenloser Zugang zu Ausstellungsraum

Der Offspace, zu dem jeder Gast kostenlosen Zugang hat, sei auch eine gute Möglichkeit, Menschen an die Kunst heranzuführen, sagt die Designerin: „Manche sind nur für Kaffee und Kuchen da und stolpern eher zufällig in den Raum, das sind dann vielleicht nicht unbedingt die Menschen, die in eine Galerie oder ins Museum gegangen wären“. Und welche Pläne hat das Paar für die Zukunft des Monokels? Bald wollen sie einen Kunstverein gründen, um damit, was im Keller passiert, unabhängiger agieren zu können und nicht die Gastronomie zu belasten. Die ersten Interessenten für die Gründung hat Archut-Zeimpekoglou bereits gefunden. Ansonsten freuen sich die beiden, wenn sie in und um Echterdingen noch ein bisschen bekannter werden und auf weitere spannende Projekte. Vielleicht stellt Archut-Zeimpekoglou auch mal ihre eigene Arbeit im Offspace aus, ausgeschlossen sei das nicht.

Wie lässt sich Kunst und Mutterschaft vereinen?

Care Concepts
 Die Stuttgarter Künstlerin Ann-Josephin Dietz möchte mit ihrer Ausstellung Sorgearbeit und emotionale Arbeit, die Grundstein der Gesellschaft sind, aus dem toten Winkel hervorholen. Die Idee dafür war für sie naheliegend: „Ich bin selbst Mutter seit zwei Jahren und spüre den prekären Unterschied am eigenen Leib zu der Zeit vorher.“ Künstlerinnen seien einer Doppelbelastung ausgesetzt: Einerseits durch die Care Arbeit, andererseits durch das Bewerben für beispielsweise Förderungen, die teilweise eine monate- oder jahrelange Vorlaufzeit haben. Die Geburt eines  Kindes bedeute für Künstlerinnen dann häufig ein Loch in ihrer Planung.

Off-Space
Gefördert wird die Ausstellung vom Kulturamt Leinfelden-Echterdingen. Interessierte Kunstschaffende, die auch ihre Kunst ausstellen möchten, können Sarah Archut-Zeimpekoglou per Mail kontaktieren: Monokel.le@gmail.com 

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Kunst Feminismus Kaffee Echterdingen