Der „Blaue Planet“, Nordeuropas größtes Aquarium, hat am Freitag erstmals für das Publikum geöffnet – und Kopenhagen eine neue Attraktion beschert. Ein spektakulärer Bau für 100 Millionen Euro. Die Raubfische sind der Stolz des Hauses.

Kopenhagen – Aus der Luft gleicht das Gebäude am Öresund, der schmalen Meeresstraße zwischen Dänemark und Schweden, einem riesigen Seestern. Aus Fußgängersicht erinnert es eher an einen gestrandeten Wal. Der Hauptarchitekt Kim Herford Nielsen interpretiert sein Werk als „Stromwirbel“. Egal, welche Deutung man wählt: mit Wasser hat sie zu tun, und so soll es sein. Der „Blaue Planet“, Nordeuropas größtes Aquarium, hat am Freitag erstmals für das Publikum geöffnet – und Kopenhagen somit eine neue Attraktion beschert.

 

Drinnen ist Fütterungszeit. Eine Maschine, die aussieht wie eine riesige Schildkröte, leert Tintenfischarme und Krabben in das vier Millionen Salzwasser fassende Ozeaneum. Durch die 70 Tonnen schwere, 16 Meter breite und acht Meter hohe Glaswand, die wegen ihrer Größe eingesetzt werden musste, noch ehe das Haus überdacht war, können die Besucher betrachten, wie sich Haie, Muränen und Stechrochen auf die Leckerbissen stürzen. Die Nahrungszufuhr ist wichtig, andernfalls würden die Bewohner des Riesenbeckens einander verzehren. „Fische sind Opportunisten“, sagt der Chefzoologe Jesper Horsted: sie fressen, was sie am leichtesten bekommen, aber nur, solange sie hungrig sind. Doch ein Pflegeheim sei das Aquarium nicht: „Wenn sie alt und krank werden, werden sie Beute der Haie.“

Der wertvollste Fisch ist der Kleine Fetzenfisch

450 Arten, 20 000 Fische und andere Meerestiere bewohnen den Blauen Planeten. Er umfasst ein Korallenriff mit seiner farbig strahlenden Unterwasserfauna ebenso wie den Artenreichtum der großen afrikanischen Seen inklusive Zwergkrokodilen und Sumpfschildkröten und einen Vogelfelsen von den Færøern, dessen Seepapageien allerdings noch in Quarantäne sitzen. Um zur Tierwelt des Amazonas zu gelangen, wo unter einem Wasserfall Europas größter Schwarm Piranhas und zwei Anakonda-Pärchen hausen, muss man tropische Temperaturen und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit ertragen. Dann geht es zur Abkühlung nach draußen zu Seelöwen und dem Karpfenteich.

Die drei Hammerhaie sind der Stolz der Betreiber, auch wenn die Raubfische sich erst auswachsen müssen. Sie wurden wie der Großteil der Insassen in Spezialtransportern aus Asien eingeflogen. Der kostbarste Bewohner allerdings ist ein wesentlich weniger spektakulärer Geselle: der Kleine Fetzenfisch, nur wenige Zentimeter lang, der aussieht wie ein zerzaustes Seepferdchen, kostet 4000 Euro pro Stück.

Knapp hundert Millionen Euro haben sich diverse Fonds das 10 000 Quadratmeter große Aquarium kosten lassen, das in nur zwei Jahren fertiggestellt war. Dass es die Tore just am Weltwassertag aufschlug, nachdem Königin Margrethe tags davor das Haus offiziell eröffnet hatte, sei „Zufall“, sagt der Vorstandschef Bent Frank: „Wir wollten nur vor den Osterferien startklar sein, an Gedenktage haben wir nicht gedacht.“ Jährlich sollen 700 000 Besucher die happigen 22 Euro Eintritt erlegen, damit das Museum über die Runden kommt. Frank ist optimistisch: „Im Umkreis von drei Stunden Reisezeit wohnen hier 6,5 Millionen Menschen.“ Das Aquarium liegt direkt an der Öresundbrücke und nur wenige hundert Meter vom Flughafen entfernt. „Da können auch Transitreisende einen Abstecher hierher machen und etwas Einzigartiges erleben.“ Entspannungstherapie für gestresste Weltenbummler: vor den bunten Tropenfischen zu sitzen ist so beruhigend wie daheim vor dem Goldfischglas. Nur dass das Becken größer ist.