Das Krankenhaus in Wuhan entstand in Rekordzeit: Es steht als Symbol im Kampf gegen das Coronavirus.

Wuhan - In hellblauen Schutzanzügen transportieren die Ärzte insgesamt 50 Patienten auf Liegen und Rollstühlen in das vor wenigen Stunden eröffnete Krankenhaus. Voller Stolz publizieren chinesischen Staatsmedien am Dienstag Fotos der ersten Arbeitsschritte in der Huoshenshan-Klinik in Wuhan, dem Epizentrum des Coronavirus. Allein die Dimensionen des Bauprojekts sind gigantisch: Auf 25 000 Quadratmetern werden 1400 Mediziner rund 1000 Infizierte behandeln. Noch rekordverdächtiger ist die Entstehungszeit: Kaum mehr als zehn Tage haben die Bauarbeiter vom Spatenstich bis zur Eröffnung benötigt.

 

Die chinesische Staatsführung hat eine solche Erfolgsmeldung bitter nötig. Erneut sind über Nacht auf Dienstag die Anzahl an Infizierten und Toten so stark gestiegen wie nie zuvor. 425 Festlandchinesen sind dem neuen Lungenerreger bislang erlegen, bereits jetzt sind das deutlich mehr als noch während der Sars-Pandemie der Jahre 2002 und 2003. Gleichzeitig wurden mehr als 20 000 Ansteckungen von den Gesundheitsbehörden bestätigt, ein Vielfaches davon wird zusätzlich unter der Kategorie „Verdachtsfälle“ geführt. Weitere Entrüstung löste in Hongkong der zweite Virustote außerhalb Festlandchinas aus. Mit 39 Jahren war das Opfer, das zuvor nach Wuhan gereist war, im Vergleich zu den bisherigen Toten jung.

Chinas Regierung zeigt sich erstaunlich selbstkritisch

Mit erstaunlich selbstkritischem Duktus trat das Politbüro unter Vorsitz von Präsident Xi Jinping am Dienstag vor die Öffentlichkeit: „Wir müssen die Erfahrungen zusammenfassen und Lehren daraus ziehen“, hieß es in einem über das Staatsfernsehen verlautbarten Statement. Die „Mängel“ im Gesundheitssystem müssten beseitigt und das Krisenmanagement verbessert werden. Für die Kommunistische Partei ist dies ein seltenes Eingeständnis von eigener Schuld. Die Stellungnahme zielt unter anderem darauf ab, dass ein Doktor aus Wuhan, der erstmals in der Öffentlichkeit über das Virus informiert hat, von den Behörden wegen „der Verbreitung von Gerüchten“ verhaftet wurde.

Hätten die Behörden früher reagiert, käme es möglicherweise nicht zu solchen Szenen in Wuhan, die zuhauf in Videos in den sozialen Medien geteilt wurden: hoffnungslos überfüllte Spitäler, von Ärzten abgewiesene Neuankömmlinge und verzweifelte Hilferufe von Patienten. Die Versorgungslage war vor allem in der letzten Woche extrem kritisch.

Ein zweites Krankenhaus entsteht bereits mit weiteren 1600 Betten

Ein wenig Entlastung bringt nun das neu errichtete Krankenhaus. Akribisch haben die Staatsmedien jeden Schritt der Bauarbeiten live gestreamt. Noch Ende Januar waren auf der Brachfläche nur Bagger zu sehen, heute steht dort ein zweistöckiges Gebäude. Ohne Frage gäbe es wohl wenige Länder, die ein solches Vorhaben in solch einer Schnelligkeit umsetzen können wie China. In diesem Fall zeigt sich der Vorteil eines zentralistisch organisierten, hierarchisch geführten politischen Systems: Aus allen Landesteilen konnten die Behörden die besten Ingenieure mobilisieren, Sicherheitsbestimmungen vorübergehend außer Kraft setzen oder beschleunigen und auch finanzielle Mittel ohne demokratische Abstimmungen lockermachen. Neben dem Huoshenshan-Krankenhaus wird am Donnerstag ebenfalls in Wuhan noch ein zweites, mit insgesamt 1600 Betten sogar noch größeres Krankenhaus eröffnet.

Die Projekte sind angelehnt an ein trauriges Kapitel der jüngeren Geschichte Chinas: 2003 haben 4000 Bauarbeiter in Peking rund um die Uhr daran gearbeitet, um eine Klinik zur Sars-Bekämpfung aus dem Boden zu stampfen. Damals gingen die Bauarbeiten mit sieben Tagen sogar noch schneller voran. Sowohl die Spitäler in Wuhan als auch in Peking sind aus vorgefertigten Bauteilen zusammengesetzt. Das Quarantänekrankenhaus in Peking hat ein Siebtel aller Sars-Patienten behandelt und wurde von den Staatsmedien als „medizinisches Wunder“ angepriesen. Nachhaltig war die Einrichtung nicht: Nach Ende der Sars-Epidemie wurde das Gebäude still und heimlich geschlossen.