Das neue Waldhorn in Kirchheim hat seinen Betrieb aufgenommen. Über das Aussehen des Gasthauses am Marktplatz wird in der Stadt nach wie vor heftig gestritten.

Kirchheim - Die Traditionsgaststätte Waldhorn in Kirchheim strahlt nach dem Umbau in neuen Glanz. Strahlt? Glanz? Da gehen die Meinungen in der Teckstadt weit auseinander. Die einen schreiben dem gedrungenen Gebäude die Anmutung einer Hundehütte zu. Andere sehen in dem vom flächigen Beton optisch an die Wand gedrückten Fachwerk ein architektonisches Feigenblatt, das dem Vorgängerbau Hohn spottet.

 

Beide haben recht und beiden hat es der Eigentümer, Robert Ruthenberg, auch recht machen wollen. „Die Stadt hat uns als Aufgabenstellung aufgetragen, das nicht mehr renovierbare Waldhorn durch ein modernes, nicht historisierendes Fachwerkgebäude zu ersetzen. Das sollte nicht ein gefälliger Nachbau werden, sondern ein Gebäude mit Vorbildcharakter. Das haben wir hier umzusetzen versucht, so gut es eben ging“, sagt Ruthenberg.

Eine Online-Umfrage fällt vernichtend aus

Es ging nicht gut: In einer Online-Umfrage der Lokalzeitung „Der Teckbote“ haben mehr als 13 500 Kirchheimer ihr Urteil über die Fassade abgegeben. Nur knapp ein Drittel davon findet das Haus, das nach einem immerhin mehr als drei Jahre währenden Ergebnisprozess zum Jahreswechsel Gestalt angenommen hat, sehr gut. Rund 60 Prozent dagegen haben das Umfrage-Kästchen „furchtbar“ im Netz angeklickt, weitere rund sieben Prozent empfinden das Haus, das den Kirchheimer Marktplatz nach Westen hin abschließt, als gewöhnungsbedürftig.

Zu diesen sieben Prozent zählt auch der örtliche Landtagsabgeordnete der CDU, Karl Zimmermann, der an diesem Morgen zufällig vorbeischlendert. „Das ist ein Fremdkörper im Herzen der Stadt“, poltert der Politiker, der ohnehin als Freund klarer Worte gilt. Und dann fällt auf dem Marktplatz auch noch das Wort Hundehütte.

Die Form des Hauses folgt streng den städtischen Auflagen

Das will der Gastronom, der sich selbst als überzeugten Fan von Fachwerkbauten bezeichnet, nicht auf sich sitzen lassen. „Wir hatten die klare Auflage, die Kubatur des Hauses mit dem Neubau aufzugreifen“, sagt Ruthenberg. Nur: beim Vorgängerbau mag das Zusammenspiel zwischen kleingliedriger Fachwerkfassade und gedrungenem Baukörper noch funktioniert haben. Die ihm aufgezwungene glatte Fassade jedoch verwandelt den Hexenhäuschen-Charme in eine gesichtslose Betonfassade.

Das Attribut „gesichtslos“ allerdings wird der Idee des Hauses dann doch nicht ganz gerecht. Über die großen Fenster, die den Blick auf die Fachwerkkonstruktion im Innern freigeben, öffnet sich das neue Waldhorn zum Marktplatz hin. „Wenn schon kein Fachwerk an der Fassade gewünscht war, so haben wir wenigsten versucht, das innen verbaute Holzwerk nach außen wirken zu lassen“, erklärt Ruthenberg. Dass das gelungen ist, zeigt sich besonders in den Abendstunden, wenn das warme Licht der Wirtsstube und des Dachgeschosses nach außen dringt. Dann scheint das Haus richtig aufzuleben. „Mir gefällt’s“, sagt Robert Ruthenberg, „alles andere wäre schlimmer gewesen. Wir haben an dieser sensiblen Stelle auf lange Sicht alles richtig gemacht.“

Seit wenigen Tagen hat das Wirtshaus seine Tore geöffnet. Und die Abstimmung mit den Füßen ergibt ein ganz anderes Bild als die Abstimmung im Internet. „Es läuft sehr gut. Wir sind nahezu ständig ausgebucht“, sagt Ruthenberg.