Der VfB hat vor dem letzten Spiel drei Punkte und zehn Tore Vorsprung auf Rang drei. Der Aufstieg scheint besiegelt. Oder etwa doch nicht? Verrückte Geschichten aus der Welt des Fußballs.

Stuttgart - Das Wunder von Günnigfeld blieb nicht ohne Nachspiel. Böse Gerüchte kamen auf, nachdem die Günnigfelder A-Junioren im Saisonendspurt mit 26:2 gegen die Sportfreunde Altenbochum gewonnen und dank der besseren Tordifferenz den TuS Hattingen noch von der Spitze verdrängt hatten. Von einer Kiste Bier, die dem Gegner versprochen worden sei, war die Rede – doch der Fall konnte nie aufgeklärt werden. Der Einspruch der Hattinger scheiterte an einem Formfehler: Sie vergaßen, rechtzeitig die Gebühren von 13 Euro zu überweisen.

 

Für den VfB Stuttgart geht es am Sonntag nicht um eine Kiste Bier oder 13 Euro, sondern um die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga. Auf dem Wasen werden bereits die Feierlichkeiten vorbereitet – was soll noch dazwischen kommen im letzten Saisonspiel gegen die Würzburger Kickers? Drei Punkte und zehn Tore beträgt der Vorsprung auf die drittplatzierten Braunschweiger. Glückwünsche nehmen die VfB-Verantwortlichen trotzdem noch nicht entgegen – denn auch sie wissen: Die Launen des Fußballgotts sind manchmal unergründlich.

Das Rekordspiel von Düsseldorf

Im Düsseldorfer Rheinstadion bestreitet Borussia Mönchengladbach sein letztes Heimspiel der Saison 1977/78 gegen Dortmund, weil der heimische Bökelberg umgebaut wird. Punktgleich mit dem 1. FC Köln liegt Gladbach an der Tabellenspitze, hat aber eine um zehn Tore schlechtere Tordifferenz. Doch dann geschieht Unglaubliches. Bei Halbzeit steht es bereits 6:0 für die Gastgeber, während die Kölner beim FC St. Pauli nur 1:0 führen. BVB-Trainer Otto Rehhagel appelliert vergeblich an die Ehre seiner Spieler – er findet keinen, der bereit ist, sich einwechseln zu lassen. „Trainer, soll ich jetzt etwa noch die Wende bringen?“, fragt Siegfried Held, als er sich beim Stand von 0:8 weigert, die Reservebank zu verlassen. Kurz darauf fällt das neunte Gladbacher Tor.

„Von der Ersatzbank rief man uns ständig zu, wie viel Tore wir noch machen mussten, um Köln zu packen“, erinnert sich später Torjäger Jupp Heynckes: „Als es 9:0 stand und sie riefen ‚noch drei‘, habe ich geantwortet: ‚Habt Ihr nicht mehr alle?’“ Heynckes schießt mit seinem fünften Treffer das 10:0, dem tatsächlich noch zwei weitere Tore folgen. Endstand 12:0, bis heute der höchste Sieg in der Bundesliga-Geschichte. Zum Titel reicht es dennoch nicht. Köln erhöht in den Schlussminuten auf 5:0 und rettet sich ins Ziel. Gladbach ist Vizemeister – und Dortmund am Boden zerstört. Rehhagel wird am Tag danach entlassen, die Mannschaft mit einer Geldstrafe von 2000 Mark pro Mann belegt. Die schlüssige Begründung: „Mangelhafter Einsatz“.

Das Torfestival von Sevilla

Nicht mehr als ein Funken Hoffnung ist übrig, als die spanische Nationalmannschaft am 21. Dezember 1983 die Auswahl Maltas zum letzten Qualifikationsspiel in Sevilla empfängt. Ein Sieg mit elf Toren Vorsprung ist nötig, um den Niederlanden noch das Ticket für die EM-Endrunde 1984 wegzuschnappen. „Nicht einmal gegen eine Kindermannschaft könnte Spanien elf Tore schießen“, höhnt John Bonello, der Torhüter von Malta.

Nichts deutet zunächst auf ein Torfestival hin. Nach zwei Minuten vergibt Spanien einen Elfmeter, muss kurz nach dem Führungstreffer den Ausgleich hinnehmen und liegt zur Pause nur mit 3:1 vorne. Doch danach gibt es plötzlich kein Halten mehr. Fast im Minutentakt muss Bonello in der zweiten Hälfte den Ball aus seinem Tor holen. In der 84. Minute ist es schließlich so weit: Juan Antonio Señor erzielt den 12:1-Endstand. Punktlandung für Spanien. 24:8, so lautet die Tordifferenz, 22:6 jene der Niederländer. Dank der mehr geschossenen Tore fährt Spanien zur EM nach Frankreich – und scheitert erst im Finale am Gastgeber.

Das Wunder von Frankfurt

In Nürnberg ist alles vorbereitet für die große Nichtabstiegsfeier. Nur noch theoretischer Natur scheint vor dem letzten Spieltag der Saison 1998/99 die Abstiegsgefahr. Mit drei Punkten und fünf Toren Vorsprung auf einen Abstiegsplatz liegt der Club auf Tabellenrang zwölf. Legende ist, was dann passiert.

Der VfB Stuttgart (zuvor 13.) gewinnt mit 1:0 gegen Werder Bremen, Hansa Rostock (15.) macht beim VfL Bochum in den Schlussminuten aus einem 1:2-Rückstand einen 3:2-Sieg. Nürnberg selbst unterliegt dem SC Freiburg (14.) mit 1:2. Bleibt Eintracht Frankfurt, der Tabellen-16., in dessen Heimspiel gegen Kaiserslautern es nach 70 Minuten nur 1:1 steht. Viel zu wenig für die Hessen, doch sie geben nicht auf. 2:1, 3:1, 4:1 – und schließlich, in der 89. Minute, das 5:1 durch Jan Age Fjørtoft, das das Nürnberger Schicksal besiegelt. „Ade, liebe Freunde, es ist nicht zu fassen“, ruft der fränkische Reporter Günther Koch in der Radio-Schlusskonferenz, die nie dramatischer war als an jenem Maisamstag.

Auf so viel Spannung werden die VfB-Fans am Sonntag gerne verzichten können.