Der zweitwärmste Sommer seit 1961 beschert uns Wetterwerte wie in Bozen – war aber lange nicht so trocken wie vermutet. Und jetzt kommt noch ein Nachschlag.

Stuttgart - Wie man sich doch irren kann: Staubtrocken wie ein altes Springerle hat sich der August angefühlt, genauso wie der ganze Sommer. Die Wiesen wollten nicht wachsen und verdorrten, Legionen begeisterter Rasenpfleger schlichen um ihre zur Untätigkeit verdammten Mähmaschinen, Bäume rollten ihre Blätter ein und wurden frühzeitig gelb. Schön sah das nicht aus und der brave Bürger stellte Vogelbäder und Insektentränken auf und gönnte städtischen Bäumen einmal in der Woche zwei Eimer Wasser. Und fast jeder hätte ein kleines Vermögen darauf verwettet, dass es im Städtle abgesehen von 2003 noch nie so trocken war.

 

Stuttgart hatte noch Glück

Machen wir es kurz – das Geld wäre weg gewesen, weit weg. Tatsächlich fielen im August mit 31,4 Litern Regen auf den Quadratmeter zwar nur etwa 41 Prozent des langjährigen Mittels, damit kommt der letzte Sommermonat aber nur auf Rang sechs seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951. Und der gesamte Sommer, also der Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. August, war sogar noch weniger staubig. Immerhin prasselten rund 181 Liter Wasser auf die Wetterstation Schnarrenberg des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nieder, das sind 78 Prozent eines durchschnittlichen Sommers und nur Platz 19 in der Liste der trockensten Sommer. „Die Region Stuttgart hat Glück gehabt“, sagt dazu DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller, „der 7. Juni hat viel ausgeglichen.“ Damals schüttete es aus Kübeln, fielen in kurzer Zeit 58 Liter Regen, also gut ein Drittel des gesamten Sommerniederschlags. Und da der August am ersten und am letzten Tag auch noch zweimal eine ordentlich Menge Wasser freigab, kam die Region regentechnisch mit einem Streifschuss davon.

Knapp 80 Prozent Niederschlag – davon konnte man im Rest des Landes nur träumen. In Baden-Württemberg wurden nur 55 Prozent Niederschlag eines normalen Sommers gemessen. Und was so richtig trocken ist, hat das Jahr 1964 gezeigt. Damals kamen in Stuttgart im ganzen Sommer nur 99,7 Liter Regen vom Himmel, das ist fast nur die Hälfte als in diesem Jahr

Zu warm, zu trocken

Wahrscheinlich lag das staubige Gefühl an der großen Wärme. In Sachen Temperatur war nämlich sowohl der August als auch der gesamte Sommer schweißtreibend. Der letzte Sommermonat geht auf Platz zwei hinter 2003 in die Wetterstatistik ein und war mit 21,8 Grad im Schnitt stolze 3,9 Grad zu warm. Der gesamte Sommer maß sich ganz ähnlich. Auch Platz zwei hinter 2003 und mit 21,1 Grad im Mittel 3,5 Grad zu warm. Damit rutscht Stuttgart meteorologisch weit in den Süden. „Der Sommer hier ist vergleichbar mit dem langjährigen Mittel in Bozen“ erklärt Andreas Pfaffenzeller. Die Landeshauptstadt Südtirols liegt aber gut 2,2 Breitengrade südlicher als Stuttgart, die immer öfter feststellbare Annäherung kann man durchaus als Zeichen des Klimawandels werten, zumal ja mittlerweile bei uns schon Weinsorten gedeihen, die man bisher eher aus der südlicheren Gegend kannte. Insgesamt waren 65 der 92 Tage zwischen 1. Juni und 31. August so genannte Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad. Normal sind 28 Tage.

Zu trocken, zu warm – das geht nur mit einer Überdosis Sonne. Und auch die gab es sowohl im August als auch im gesamten Sommer. Etwa 820 Sonnenstunden in drei Monaten, das sind 122 Prozent eines normalen Sommers, den es ja immer weniger zu geben scheint. Meteorologisch ist jetzt übrigens bereits Herbst. Und so ein wenig fühlt es sich auch so an, auch wenn plötzlich wieder frisches Grün aus braunen Grasflächen drückt. Das ist aber kein Grund die Mäher zu starten. Für kommende Woche ist Spätsommer angesagt.