Die sechste Staffel der Castingshow „Das Supertalent“ ist gestartet. Mit dabei in der Jury sind neben Dieter Bohlen Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker. Gottschalk fügt sich in seine Nebenrolle als Co-Juror.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Der größte Unsympath und die netteste Show-Größe des deutschen Fernsehens – wie wird dieser „Kampf der Titanen“ beim neuen „Supertalent“ ausgehen? So lautete vor der Premiere des neuen „Supertalents“ die große Frage. Doch Dieter Bohlen und sein frischgebackener Co-Juror Thomas Gottschalk ließen am vergangenen Samstagabend das von den Medien herbeiorakelte Duell der Giganten ausfallen. Daniel Hartwich klärte mit seiner Anmoderation gleich zu Beginn die Verhältnisse: Nachdem die blonde Fee Michelle Hunziker auf die Bühne getippelt war, kündigte er die „Showlegende“ Gottschalk an – und dann den „Chefjuror“ Dieter Bohlen. Obwohl die drei Jurymitglieder jeweils eine Stimme haben und damit formal gleichberechtigt sind, steht damit die Hierarchie für die vierzehn Folgen der sechsten Staffel fest.

 

In dem folgenden 130-minütigen Zusammenschnitt der Castingshow-Aufzeichnungen aus dem Berliner Tempodrom wird eines offenbar: Thomas Gottschalk, im ZDF über viele Jahre der stärkste Motor der Samstagabendunterhaltung, ist bei RTL nur ein Rädchen im Showgetriebe. Der 62-Jährige fügt sich in seine Nebenrolle und kommentiert geschliffen, intelligent, höflich und nett. Einem übergewichtigen Neunjährigen bringt er in seiner aus „Wetten,dass . . ?“-Zeiten bekannten Fernseh-Onkel-Manier schonend bei, dass es für ihn keinen zweiten Auftritt geben wird. Damit erfüllt Gottschalk die Erwartung, dass er die ihre Kandidaten immer wieder bloßstellende Talentshow menschenfreundlicher, familienkompatibler und ein klein wenig niveauvoller machen würde.

Was hat Gottschalk hier verloren?

In der ersten Show haben daran aber auch die häufig aus dem Ausland stammenden Kandidaten ihren Anteil: eine originelle Rasierschaum-Performance, ein Papagei, der „Hänschen klein“ singen kann, eine lustig-makabre Artistiknummer, ein Bungee-Sprung eines 87-Jährigen, dessen Seil von einem österreichischen Muskelprotz gehalten wird – zusammen ergibt das eine harmlose, aber unterhaltsame Mischung. Doch die Frage, was er hier verloren hat, steht Gottschalk fast die ganze Sendung über gut lesbar ins Gesicht geschrieben. Als ein fatal untalentierter Wolfgang-Petry-Imitator seinen Auftritt hat, kommt es zu einer bezeichnenden Szene: Gottschalk hat Mitleid und versucht, den Sachsen vor dem Spott der Zuschauer und Bohlens zu bewahren, indem er ihn von der Bühne holen will. Doch Georg, so heißt er, weigert sich. Als sich Gottschalk schließlich vor Grausen abwendet, heizt Bohlen dem hämisch johlenden Hallenpublikum noch ein und kostet das peinliche Treiben genüsslich aus.

Immerhin gelingt es dem bei der ARD mit seiner Vorabend-Show gefloppten Entertainer ein paar Seitenhiebe gegen Bohlen auszuteilen, schlagfertig und witzig wie eh und je. Als ein amerikanischer Handfurzer den Modern-Talking-Song „Cheri Cheri Lady“ vorträgt und dafür mit Standing Ovations vom Publikum belohnt wird, lobt Gottschalk: „Der hat was aus dem Lied gemacht!“ An Bohlen perlt das ab, er wirkt erstaunlich milde; echte Gehässigkeiten bleiben diesmal aus. Von dem Sänger und Pianist Jean Michel Aweh ist der Chefjuror restlos begeistert, er schickt ihn mit dem „goldenen Stern-Buzzer“ direkt ins Halbfinale, eine der Neuerungen im Showreglement. Bei dem Bungee-Sprung im Außengelände kommt dann fast „Wetten, dass . . ?“-Feeling auf – auch Thomas Gottschalk ist kurz ganz der Alte. Ob er Wehmut verspürt? Am 6. Oktober wird das „Supertalent“ erstmals ins direkte Quotenrennen mit „Wetten, dass . . ?“ und dem neuen Moderator Markus Lanz gehen.