100 Millionen Lose produziert das Markgröninger Unternehmen Wolf und Appenzeller jährlich. Und ist damit nach eigenen Angaben Marktführer.

Markgröningen - Die Produktionshalle von Wolf und Appenzeller in Markgröningen gleicht einem Mekka für Glücksspieler: In hunderten Töpfen verteilt liegen gelbe, blaue, rote, grüne und orangene Röllchenlose. Nieten und Gewinne sind gleichermaßen verteilt.

 

Das Unternehmen, das sein 90-jähriges Jubiläum feiert, ist auf der Gewinnerseite. Es hat sich auf die Herstellung von Gewinnlosen, Rubbelkarten, Eintrittsbändern und Patientenbändchen spezialisiert. Rund die Hälfte des Umsatzes macht das Familienunternehmen mit den Röllchenlosen – und ist in diesem Bereich nach eigenen Angaben Marktführer. „Wir haben praktisch keine Mitbewerber“, sagt Dagmar Keiser-Sachse, die mit ihrer Schwester Petra Sayer das Unternehmen leitet. „Wenn Sie irgendwo Röllchenlose sehen, dann kommen die sicherlich von uns.“

Seine Produkte verkauft das Unternehmen an Schausteller auf Festplätzen, an große Versandhäuser und an Eventveranstalter in ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und Italien. An die Schausteller verkauft das Unternehmen allerdings keine Röllchenlose, sondern Brieflose, die man an der Seite aufreißt und auffaltet.

Das Verhältnis zwischen Nieten und Gewinnen ist gesetzlich festgelegt. Die Firma verkauft die Lose in Säckchen, in denen dieses Verhältnis passt. Die Schausteller wüssten nicht, hinter welchen Losen sich Gewinne verbergen, erklärt Keiser-Sachse. Auch gegen andere Art von Betrug seien die Lose gesichert: Jedes trägt einen Sicherheitscode. Über diesen können Kopien der Lose enttarnt werden.

Schausteller werden weniger, die übrigen brauchen aber mehr Lose

Das Losgeschäft habe sich in den letzten Jahren gut entwickelt, sagt die Geschäftsführerin. Allerdings habe sich die Zahl der Schausteller verringert. „Ein Imbiss lohnt sich finanziell mehr als eine Verlosung“, sagt Keiser-Sachse. Deswegen hätten viele der verbliebenen Schausteller auf andere Losarten umgestellt. Statt Gewinn und Nieten gebe es nun Punkte, die man sammeln müsse. Je höher die Punktzahl im Los, umso größer der Gewinn. „Für uns ist das gut, denn die Schausteller brauchen somit mehr Lose.“

Auch Versandhäuser nutzen die Lose und Rubbelkarten des Markgröninger Unternehmens für Gewinnspiele und zu Marketingzwecken. Auf Vereinsfesten oder privaten Feiern würden die Lose, die auch beim Großhändler oder online geordert werden können, ebenfalls eingesetzt. Rund 100 Millionen Lose produziert Wolf und Appenzeller jedes Jahr im Industriegebiet Stadt.

Vor rund 25 Jahren kam ein weitere Geschäftsbereich dazu: Events. Seitdem produziert Wolf und Appenzeller individuell bedruckte Schlüssel- und Eintrittsbänder, unter anderem für Musikveranstaltungen, für Hotels und Fußballstadien. „In Europa sind wir die einzigen Hersteller dieser Bänder“, sagt Keiser-Sachse.

Seit Kurzem beliefert Wolf und Appenzeller auch Krankenhäuser

Diese Eintrittsbänder sind seit fünf Jahren auch als Patientenbänder für Krankenhäuser im Portfolio. „Die Kliniken in Ludwigsburg und Böblingen werden von uns beliefert“, sagt die Chefin von 45 Mitarbeitern. Wenn ein Patient stationär aufgenommen werde, erhalte er ein Armband, auf dem sein Name und ein spezieller Code stünden, um Verwechslungen vorzubeugen, erklärt Keiser-Sachse.

Ihr Großvater Karl Appenzeller hat das Unternehmen 1928 zusammen mit Berthold Wolf in Stuttgart-Zuffenhausen gegründet. „Er war ein Tüftler und Ingenieur“, sagt Keiser-Sachse. Er habe damals eine Maschine erfunden, die Lose rollen konnte – und sich dann mit seinem Geschäftspartner selbstständig gemacht.

Noch unter der Leitung von Richard Baumeister, dem Vater von Kaiser-Sachse, baute das Unternehmen 1995 dann eine neue Produktionsstätte in Markgröningen. Von Wolfs Nachkommen sei keiner mehr im Unternehmen tätig, sagt Keiser-Sachse, seien aber an der Firma beteiligt.

Dagmar Keiser-Sachse stieg 1998 ins Familienunternehmen ein. Die Betriebswirtin war in einer Spedition und als Geschäftsführerin eines Automobilzulieferers tätig, bevor sie nach der Pensionierung ihres Vaters dessen Posten übernahm. Im Sommer will sie ihn freigeben. Das Unternehmen soll in der nunmehr vierten Generation weitergeführt werden.

Die Söhne von Keiser-Sachse und Seyer stehen in den Startlöchern: Zum 1. Juli wird Keiser-Sachses Sohn Christoph Keiser ihren Posten übernehmen. Sie selbst geht dann in Pension. In wenigen Jahren soll dann auch der Sohn ihrer jüngeren Schwester deren Aufgaben übernehmen.