Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Ihre Kinder wohnen nun wieder in Burladingen und haben leitende Posten in Ihrer Firma übernommen. Fehlt den beiden nichts auf der Alb?
Elisabeth G. Die Welt ist so klein geworden, dass es nicht mehr entscheidend ist, wo man wohnt. Von Montag bis Freitag müssen wir doch sowieso alle arbeiten, ob in Burladingen, Stuttgart oder Berlin. Und am Wochenende kommt man innerhalb von fünf Stunden von hier nach London. Vielleicht vermissen Bonita und Wolfgang junior, dass sie nicht mehr spontan Freunde treffen oder einen angesagten Club besuchen können. Aber dafür erleben sie jetzt Interessantes im Beruf.
Es heißt, man soll Berufliches und Privates trennen. Das dürfte in Ihrer Familie unmöglich sein.
Wolfgang G. Mal ehrlich: Wenn meine Frau ihr Studium beendet hätte und als Ärztin tätig wäre, würde es mich kaum interessieren, was sie den Tag über treibt. Ich bin Textilunternehmer, und ich empfinde es als Glück, dass Elisabeth nicht nur privat, sondern auch beruflich meine engste Vertraute ist. Wir haben gemeinsam Erfolg und müssen auch gemeinsam Misserfolge ertragen. In unserer Ehe kann es nicht passieren, dass der eine glücklich ist, weil bei ihm beruflich alles rund läuft, und der andere frustriert, weil er bei der Arbeit eine schwere Phase durchmacht. Und es besteht nicht die Gefahr, dass Elisabeth etwas mit einem Assistenzarzt anfängt oder ich mit einer Sekretärin.
Frau Grupp, ist die Textilbranche für Sie genauso interessant wie die Medizin?
Elisabeth G. Ich bin seit bald 30 Jahren für unsere Testgeschäfte zuständig. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage: Ich liebe es, Textilien zu verkaufen. Man kann sich für vieles begeistern, wenn man begeisterungsfähig ist.
Mittelfristig wünschen Sie sich vermutlich, dass Ihre Kinder das Unternehmen weiterführen.
Wolfgang G. Trigema gehört zu unserer Familie, deswegen ist es für mich völlig klar, dass eines meiner Kinder das Unternehmen einmal erben soll. Das andere Kind kann mitarbeiten und wird andere Vermögenswerte bekommen. Aber nur eine Person soll die Firma führen – damit sich meine Kinder ein Leben lang lieben und nicht streiten.
Gibt es bereits einen Favoriten für die Nachfolge?
Wolfgang G. Nein. Ich werde mich entscheiden, wenn ich weiß, welchen Partner Bonita oder welche Partnerin Wolfgang an ihrer Seite haben. Wer weiß schon, ob Bonita nicht zum Beispiel einen Australier heiratet und mit ihm ans andere Ende der Welt zieht?
Haben Sie mal in Erwägung gezogen, einen Geschäftsführer von außen zu holen?
Wolfgang G. Warum sollte ich? Stellen Sie sich vor, meine Kinder würden eines Tages an meinem Grab stehen und sagen: „Papa, du hast uns nichts zugetraut, aber Managern alles, und nun haben sie alles kaputt gemacht“. Dann würde ich mich im Grab umdrehen! Wenn sie aber am Grab stehen und sagen: „Papa, du hast uns alles zugetraut, nun haben wir leider alles niedergemacht“, dann würde ich mich erheben und sagen: „Stolz bin ich, dass ihr es wart, meine Kinder, und nicht die Manager!“ Wichtig ist, dass meine Kinder wissen, dass sie für ihr Tun auch die Verantwortung tragen müssen.
Frau Grupp, wie kommt es, dass Sie, wenn es um die Firma geht, im Hintergrund bleiben?
Elisabeth G. Für mich ist es selbstverständlich, dass mein Mann Trigema repräsentiert, denn das Unternehmen ist sein Lebenswerk. Ehre, wem Ehre gebührt! Es wäre ungezogen von mir, wenn ich mich in die erste Reihe drängen würde. Ich wehre mich aber dagegen, wenn Sie sagen, ich würde im Hintergrund bleiben – zutreffend ist, dass ich an seiner Seite agiere.
Gibt es etwas, das Sie an Ihrem Mann stört?
Elisabeth G. Einiges! Wolfgang ist ein furchtbarer Pedant. Er kann sich zum Beispiel darüber ereifern, wenn ich einen Kugelschreiber von seinem Schreibtisch genommen und nicht sofort wieder zurückgelegt habe. Als Schwabe fehlt ihm auch die Lockerheit, einfach mal zu sagen: „Was kümmert mich das Morgen, ich lebe heute!“ Er ist gewiss kein Genussmensch. Wenn wir in einem feinen Restaurant sind, schätzt er vielleicht das schöne Ambiente, aber nicht das erlesene Essen.
Wolfgang G. Mir ist halt ein Leberkäse mit einer frischen Brezel lieber.