Schön ist es gewesen, das Trainingslager des VfB im vergangenen Januar in Kapstadt. In diesem Winter zieht es den Stuttgarter Fußball-Bundesligisten nach Portugal – was nicht nur eine Frage des Geldes ist.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Wenn die Gedanken nach Kapstadt zurückfliegen, breitet sich auf vielen Gesichtern beim VfB Stuttgart ein Lächeln aus. Schön war’s: die lebendige Stadt am Kap der Guten Hoffnung, die herzliche Gastfreundschaft der Südafrikaner und die tollen Trainingsbedingungen am Fuße des Tafelbergs.

 

Es war so schön im vergangenen Januar, dass einige beim Fußball-Bundesligisten gar vom besten Trainingslager aller Zeiten sprachen. Atmosphärisch wohlgemerkt, sportlich schlossen sich sieben Niederlagen nacheinander an, weshalb aus dem Fanlager viel Hohn und noch mehr Kritik über den Stuttgartern ausgeschüttet wurde. Von einer Wellnessreise war die Rede.

Stuttgarter Trainingslager in Portugal

Einen Zusammenhang zwischen den erlebnisstarken Tagen am Atlantik und den anschließend schwachen Ergebnissen gibt es zwar nicht, aber der VfB wird diesmal trotzdem keine Fernreise antreten. Das nächste Wintertrainingslager findet diesseits von Afrika statt, im portugiesischen Lagos. „Wir tun gut daran, uns auf das Wesentliche zu besinnen“, sagt der Sportdirektor Jochen Schneider. Und das Wesentliche für einen Abstiegskandidaten ist: „Die Basis für sportliche Erfolge zu schaffen, und die Vermarktung des VfB in Südafrika oder Singapur vorerst zurückzustellen.“

Im Dauerspagat zwischen den sportlichen und wirtschaftlichen Interessen im Profifußball hat der VfB diesmal eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht, die Quartieralternativen nebeneinander gelegt und sich auf dem umkämpften Markt der Trainingslageranbieter für das Angebot mit dem vermeintlich besten Preis-Leistungs-Verhältnis entschieden. „Dabei hat es keine wirkliche Rolle gespielt, dass die Deutsche Fußball-Liga wieder Zuschüsse für Reisen in ihre Zielmärkte gewährt“, sagt Schneider.

Etwa 150 000 Euro muss ein Bundesligist für ein Wintertrainingslager veranschlagen, bei langen Flugreisen deutlich mehr. „Ohne Zuschuss bewegen sich die Kosten bei Südafrika und Portugal nun auf einem Niveau“, sagt Schneider. 250 000 Euro erhielt der VfB in der vergangenen Saison aus dem mit 1,5 Millionen Euro gefüllten Topf der DFL für sein Afrika-Abenteuer. Daraus bedient der Ligaverband seit einem Jahr Vereine, die große Reisestrapazen und enorme Anstrengungen auf sich nehmen, um die Auslandsvermarktung der Bundesliga jenseits der europäischen Grenzen voranzutreiben.

Die TSG 1899 Hoffenheim fliegt nach Südafrika

200 000 Euro hätten die Stuttgarter gemäß dem Verteilungsschlüssel aus dem sportlichen Stellenwert der Mannschaft und dem gewählten Zielmarkt diesmal bekommen. Zu den definierten Gebieten für die Internationalisierung gehören neben Afrika vor allem Amerika und Asien. Dorthin soll es möglichst viele Bundesligisten sommers wie winters ziehen. Was auch passiert, seit die DFL mit Geld kooperiert. Der FC Bayern war zuletzt in den USA, Bayer Leverkusen in Südkorea, der VfL Wolfsburg in China, der Hamburger SV in Indonesien und die TSG 1899 Hoffenheim schon in Indien, nun fliegt sie nach Südafrika. Die Kraichgauer werden sich bei Johannesburg auf die Rückrunde vorbereiten.

In Zukunft sollen diese Werbetouren aber nicht mehr die Ausnahme für deutsche Spitzenvereine sein, sondern Alltag. Wie in England, Spanien und Italien. Alles, um den Wert der Liga zu steigern und sie nicht nur als neue Weltmeisterliga zu etablieren, sondern ebenso als Weltmarke. Das ist das langfristige Ziel, das sich aber schon kurzfristig auszahlen soll. Bislang kassiert die DFL knapp 72 Millionen Euro jährlich für die Auslandsvermarktung, beim Abschluss der TV-Verträge für die kommenden Spielzeiten wird mindestens doppelt so viel erwartet. Mittelfristig geht man von 200 bis 250 Millionen Euro pro Saison aus.

Das ist viel Geld, aber immer noch deutlich weniger als die englische Premier League jetzt schon erhält: 800 Millionen Euro. Ein Wahnsinnsbetrag, den sich die Geschäftsführung des Ligaverbandes auch stets vor Augen führt, doch als konkrete Orientierung dient er erst einmal nicht. Der DFL geht es in erster Linie um einen Dreiklang von Präsenz, größerer Strahlkraft der Liga und Nachhaltigkeit – das soll sich dann auch für die Bundesligisten bezahlt machen. Denn an sie wird das eingenommene Geld auch wieder ausgeschüttet.

Die Vereine müssen viel Eigenleistung bringen

Doch wer glaubt, man müsste sich in der Frankfurter DFL-Zentrale nur in die entsprechende Liste für luxuriöse Bundesliga-Fernreisen eintragen, sieht sich getäuscht. Es geht nicht um Fördermittel für einen gut gemähten Rasen. Es braucht ein Konzept, in dem die Vereine sehr viel an Eigenleistungen einbringen müssen.

Die Stuttgarter mit dem Ex-Manager und Südafrika-Freund Fredi Bobic an der Spitze haben das alles gestemmt: Testspiele mit Liveübertragungen im südafrikanischen Fernsehen, PR- und Marketingmaßnahmen mit Mannschaft und Sponsoren, Präsenz in den lokalen Medien, Kontakte zu potenziellen Partnern, Aktivitäten in den sozialen Netzwerken, Jugend- und Sozialprojekte und und und. VfB wie DFL waren gleichermaßen mit dem Auftritt zufrieden. Doch im Spannungsfeld zwischen Abstiegskampf und Auslandsvermarktung bleibt den Stuttgartern nun nichts anderes als die schöne Erinnerung an Kapstadt.