Datenaffäre beim Fußball-Bundesligisten Wie die Führungskrise beim VfB Stuttgart das Klima vergiftet

Auf der VfB-Geschäftsstelle wird derzeit mit harten Bandagen gekämpft. Foto: Baumann

Die große Führungskrise und die schleppende Aufklärung der Datenaffäre haben beim VfB Stuttgart für ein miserables Arbeitsklima gesorgt. Gegenseitiges Misstrauen regiert nicht nur in den verfeindeten Lagern an der Vereinsspitze.

Stuttgart - Der Vorstandsvorsitzende der VfB Stuttgart 1893 AG belässt es am Donnerstagvormittag nicht bei warmen Worten auf der Mitarbeiterversammlung – er schickt kurz darauf auch noch eine Mail an die gesamte Belegschaft hinterher. „Über allem steht das Wohl des VfB – dafür brauchen wir jetzt Verantwortungsbewusstsein, Vernunft und Teamgeist“, scheibt Thomas Hitzlsperger seinen Mitarbeitern und ergänzt: „Lasst uns weiter für den VfB an einem Strang ziehen.“ Mit „weiß-roten Grüßen“ verbleibt er, „Euer Thomas“.

 

Von so etwas wie Teamgeist und einem gleichen Strang kann beim VfB jedoch nur bei der jungen Mannschaft die Rede sein – ganz sicher aber nicht in den Büros auf der Geschäftsstelle, wo die Führungskrise immer stärker auf die die Stimmung schlägt. Miserabel sei seit Wochen das Arbeitsklima, groß das Misstrauen gegenüber dem Vorstand, das berichten viele Mitarbeiter; ein halbes Dutzend hat inzwischen die Kündigung eingereicht.

Lesen Sie hier: VfB erhält KfW-Kredit

Noch größer ist das gegenseitige Misstrauen an der VfB-Spitze, wo sich Präsident Claus Vogt und der Rest der Führung keinen Millimeter mehr über den Weg trauen. Mit härtesten Bandagen wird auf beiden Seiten gekämpft, um die eigenen Interessen durchzubringen. In einer möglichst schonungslosen Aufklärung der Datenaffäre samt möglichst weitreichender personeller Konsequenzen sieht Vogt seine Chance, doch noch zur Wiederwahl aufgestellt zu werden – ein Szenario, das die andere Seite unbedingt vermeiden will.

Zwar konnte es Vogt nicht verhindern, dass der Aufsichtsrat das Mandat für die juristische Bewertung der Esecon-Abschlussberichte inzwischen gegen den Willen des Vorsitzenden der Daimler- und VfB-nahen Kanzlei Gleiss Lutz übertragen hat. Als Punktsieg aber dürfte er die Ankündigung des Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink von Mittwochabend werten, aufgrund erheblicher Datenschutzverstöße ein Bußgeldverfahren gegen die VfB AG einzuleiten.

Lesen Sie hier: Unser Newsblog zum VfB

Bisher hatte Brink seine Ermittlungen auf Basis der angeforderten Unterlagen geführt – jetzt kann seine Behörde damit beginnen, Zeugen zu vernehmen und vor Ort mögliche Beweismittel zu beschlagnahmen. Ob dies dazu führt, dass die mutmaßlichen Drahtzieher der Affäre plötzlich keine Erinnerungslücken mehr haben? Eher unwahrscheinlich.

Bis Ende Februar, so heißt es, soll der Fall abgeschlossen sein Am Ende dürfte das Bußgeld im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen. Angesichts eines Bußgeldkatalogs, der bis zu 20 Millionen Euro reicht, wäre es eine vergleichsweise glimpfliche Strafe – was auch damit zu tun hat, dass bei der Bemessung der Höhe die angespannte finanzielle Situation des VfB während der Corona-Pandemie berücksichtigt wird. Die Existenz des Vereins und die sportliche Konkurrenzfähigkeit der Mannschaft will Datenschützer Brink nicht gefährden, so schwer die Vergehen auch gewesen sein mögen.

Was wird aus der Mitgliederversammlung?

Die Ausweitung seiner Ermittlungen könnte auch Einfluss auf die so heftig umstrittene Terminierung der Mitgliederversammlung haben. Die Zeit drängt, denn die Präsidiumsmitglieder Bernd Gaiser und Rainer Mutschler wollen am 18. März festhalten, den sie im vergangenen November zusammen mit Vogt festgelegt hatten. Doch strebt der Präsident eigenmächtig die Verlegung auf 5. September an – da er sich, wie seine Kritiker sagen, auf einer möglichen Präsenzveranstaltung bessere Chancen ausrechne. Auch weiterhin liegt es am Vereinsbeirat, den Mitgliedern den oder die Kandidaten zur Wahl vorzuschlagen. Wer das sein wird? Das bleibt so ungewiss wie viele andere Fragen.

Weitere Themen