Die Internetsuche verändert sich: Auch die Vorlieben des Nutzers und die Vorlieben seiner Freunde in sozialen Netzwerken spielen eine Rolle.

Mountain View - Googles Suche wird immer persönlicher. In den USA hat der Konzern bereits seine "soziale Suche" freigeschaltet. Hier können Nutzer, die auch über ein Profil beim sozialen Netzwerk Google+ verfügen, entscheiden, welche Art von Suchergebnisse sie angezeigt bekommen: Die Ergebnisse der globalen Suche wie bisher oder die Ergebnisse der sozialen Suche, die auch Links zu Personen und Seiten beinhaltet, die aus dem eigenen Profil bei Google+ stammen.

 

Dabei wertet Google die Inhalte aus, die von Personen geteilt wurden, mit denen der Suchende in Kontakt steht. Die Google-Suche verschmilzt nahtlos mit dem sozialen Netzwerk. Deutsche Nutzer sehen in ihren Suchergebnissen heute schon, wenn sie in ihrem Google-Account eingeloggt sind, welche Seiten von ihren Kontakten empfohlen oder geteilt wurden.

Die persönlichen Suchergebnisse seien bisher nicht unbedingt überzeugend, sagt Martin Weigert vom Blog Netzwertig.com. Er findet die Ergebnisse "gewagt, weil zu spitz". So findet sich bei seiner Suche mit dem Begriff Hotel an erster Stelle ein Beitrag bei Google+, der sich damit auseinandersetzt, wie man am besten erkennt, ob es in einem Hotel spukt.

Andere soziale Netzwerke werden nicht berücksichtigt

Die Reaktionen in den USA fielen bisher gemischt aus. Das IT-Magazin "CNet" etwa sieht in der neuen Google-Suche eine konsequente Ergänzung der bisherigen Suchergebnisse. Es verweist darauf, dass der Page-Rank-Algorithmus, den Google zum Ranking der Treffer verwendet, schon seit einigen Jahren immer schlechtere Ergebnisse produziert, da zu viele Suchmaschinenoptimierer mit diversen Methoden daran arbeiten, ihre Seiten im Suchindex nach oben zu drücken.

Diese Berechnungsmethode spielt außerdem eine zunehmend geringere Rolle, seit Google Wert auf minutengenaue Aktualität legt. Denn der Page-Rank-Algorithmus benachteiligt Websites, auf die nur von wenigen anderen Websites verwiesen wird. Dazu zählen vor allem Seiten mit aktuellen Nachrichten, denn ihre Inhalte sind zu frisch, als dass viele andere Seiten bereits darauf verweisen könnten.

Das Online-Magazin "Read Write Web" hingegen begrüßt zwar, dass Nutzer zwischen der persönlichen und globalen Suche hin- und herschalten können. Es kritisiert jedoch, dass alle, die einen Google-Account anlegen, automatisch bei Google+ registriert werden und in der Grundeinstellung nur noch persönliche Suchergebnisse präsentiert bekommen. Zudem, moniert "Read Write Web", berücksichtige die soziale Suche nur Ergebnisse aus Google+, ignoriere jedoch Links, die von Facebook- oder Twitter-Nutzern geteilt werden.

Erweiterung der sozialen Suche

Damit sei die Google-Suche nicht mehr neutral, sondern ergreife Partei für das eigene Unternehmen. Ein Team von Entwicklern für Facebook, Twitter und Myspace nahm daher die neue soziale Suche von Google mit einer Browser-Ergänzung aufs Korn, mit der Googles Suchergebnisse durch Ergebnisse aus Twitter und Facebook sowie der Filmdatenbank IMDB ergänzt werden. Erhältlich ist die Software über die Website FocusOnTheUser.org, wobei sie vorerst nur für US-amerikanische Nutzer sinnvoll ist, welche die soziale Suche bereits nutzen können.

Googles neue Politik ist letztlich eine Reaktion auf die Entwicklung der vergangenen Jahre: Immer mehr Menschen wenden sich sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter zu, da hier vor allem Links angezeigt werden, die von anderen Personen empfohlen worden sind. Experten vertreten daher schon seit Längerem die Position, dass die Suche von Google nur besser werden könne, wenn sie sozialer werde.

Seit zwei Jahren gestaltet Google bereits seine Suche persönlicher und direkter, indem es die Suchhistorie der Nutzer aufzeichnet und diese dazu verwendet, individuellere Ergebnisseiten zu produzieren. Bei eingeloggten Google-Nutzern erfolgt dies etwa über das Suchprotokoll, bei nicht eingeloggten Nutzern über kleine, auf dem Computer gespeicherte Dateien (Cookies) und andere individuelle Kennungen wie etwa die IP-Adresse, die Auskunft über den Ort des Nutzers gibt.

Antworten statt Links

Zwei Nutzer können daher auf dieselbe Suchanfrage unterschiedliche Treffer erhalten. Wie stark sich die Suchergebnisse unterscheiden, hängt davon ab, wie viel Google schon über sie weiß. Der amerikanische Internetaktivist Eli Pariser kritisiert in seinem Buch über die sogenannte Filterblase, dass Internetnutzer sich heute in Informationsblasen bewegen, deren Zustandekommen sie gar nicht mehr nachvollziehen können.  Im Falle von Google kritisiert Pariser, dass Google "dir nicht sagt, was es über dich denkt oder warum es dir genau diese Suchergebnisse anzeigt.

Du weißt nicht, ob seine Annahmen richtig oder falsch sind - und du weißt vielleicht nicht einmal, dass es überhaupt über dich Annahmen trifft." Diese Annahmen sind jedoch die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Suche: Als Nächstes wird Google versuchen, auf Suchanfragen nicht nur mit Links zu reagieren, sondern gleich Antworten zu liefern.  Einen Vorgeschmack gibt es schon heute: Wer etwa den Namen eines aktuellen Kinofilms eingibt, erhält als erstes Suchergebnis eine Liste der Filme, die in den Kinos des mutmaßlichen Wohnorts gerade laufen.

In den kommenden zwei Jahren will Google sich der kontextbezogenen Suche widmen: Erst im Dezember kaufte der Konzern das Start-up Clever Sense, das Empfehlungen geben will, bevor überhaupt eine Suchanfrage gestartet wird. Clever Sense hatte die mobile App Alfred entwickelt, die persönliche Empfehlungen für nahe gelegene Restaurants und Cafés liefert. Die Empfehlungen sollen auch Ort und Zeit berücksichtigen. Künftig könnten sich zu den Tipps auch Hinweise auf Produkte im Sonderangebot und Freizeitaktivitäten gesellen.