Als vor einem halben Jahr ruchbar geworden war, wie US-Geheimdienste deutsche Bürger und Politiker bespitzeln, war die Empörung groß. Wenn es um das Abkommen mit den USA gegen flächendeckendes Abhören geht, sind Experten jedoch skeptisch.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Gibt es keinen Schutz für Angela Merkels Handy? Als vor einem halben Jahr ruchbar geworden war, wie lückenlos US-Geheimdienste deutsche Bürger und Politiker bespitzeln, war die Empörung groß. Wie ein Zauberwort in der Debatte tauchte der Begriff „No-Spy-Abkommen“ auf: Die Amerikaner sollten sich gegenüber der Bundesregierung zu einem Verzicht auf Spionage verpflichten. Die Verhandlungen scheinen sich jedoch sehr zäh zu gestalten – unter Umständen wird gar nichts aus dem erwünschten Pakt.

 

Die Bundesregierung und die deutschen Sicherheitsbehörden geben sich wortkarg bei dem heiklen Thema. „Die Verhandlungen über ein Zusammenarbeitsabkommen dauern an“, ließ der Bundesnachrichtendienst (BND) wissen. Er widersprach damit Medienberichten, wonach BND-Experten die Gespräche bereits für gescheitert halten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), zuständig für den Schutz vor Spionage, äußerte sich ähnlich knapp: Die Gespräche mit der US-Regierung dauerten an und würden vertraulich behandelt.

Innenminister: Für Spionageopfer ist es unerheblich, wer abhört

De Maizière wurde allerdings deutlich, ohne die USA als Spionagemacht ausdrücklich zu nennen. Für Abwehrmaßnahmen gegen Spitzelei via Handy oder Internet sei es „unerheblich, wer aus welchen Gründen auf unser Netz zugreift“. Motive und Herkunft der Täter seien den betroffenen Bürgern, Unternehmen oder Organisationen gleichgültig, fügte der Minister hinzu.

Die neue Bundesregierung pocht auf den verbrieften Schutz vor Spionage seitens befreundeter Staaten. Das bekräftigte auch Thomas Oppermann, der Chef der SPD-Bundestagsfraktion. „Die Koalitionsfraktionen sind sich einig, dass ein belastbares Anti-Spionage-Abkommen zwischen Deutschland und den USA kommen muss“, sagte er. Er hoffe, dass der geplante Besuch Merkels in den USA helfe, doch noch eine Übereinkunft zu erreichen. „Ein Scheitern des Abkommens wäre nicht akzeptabel. Das würde den politischen Charakter der Beziehungen zu den USA verändern“, warnte der Sozialdemokrat.

CDU: Freunde auszuspähen gehört sich nicht

Man hoffe, „in den nächsten drei Monaten noch etwas hinzubekommen“, bekräftigte Michael Grosse-Brömer, der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion. Er sagte: „Ich wäre sehr enttäuscht, wenn es nicht zu diesem Abkommen kommt.“ Man dürfte doch wohl „davon ausgehen, dass es sich nicht gehört, wenn Freunde ausgespäht oder abgehört werden“.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), brachte für den Fall eines Scheiterns wirtschaftliche Sanktionen ins Spiel. „Die Amerikaner verstehen eine Sprache sehr gut, und das ist die Sprache der Wirtschaft“, sagte er. Sollten die Verhandlungen platzen, müsse darüber nachgedacht werden, „dass es nicht mehr so ohne weiteres sein kann, dass US-Firmen Regierungsaufträge von deutscher Seite oder der öffentlichen Hand bekommen“. Er fordere keinen Abbruch der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen, da dieses auch im deutschen Interesse sei. Datenschutz und Freihandel könnten aber nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, betonte: wenn die USA nicht auf das anlasslose Ausspähen von Unschuldigen sowie von Regierungsmitgliedern verzichten wollten, sei das Ende der Fahnenstange erreicht. Dann müsse über das Freihandelsabkommen wie auch über den Bankdaten-Austausch (Swift) und den Austausch von Passagiergast-Daten neu nachgedacht werden.