Dauerärger in der Kommunalpolitik Schwarze Wochen in Leonberg
Vorwürfe gegen Cohn, Karstadt-Aus, Stillstand in der Stadtentwicklung: Nichts läuft gerade, meint unser Leonberger Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.
Vorwürfe gegen Cohn, Karstadt-Aus, Stillstand in der Stadtentwicklung: Nichts läuft gerade, meint unser Leonberger Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.
Nein, auch die jetzt zu Ende gehende Woche war für Leonberg keine gute: Zuerst die neuerliche Aufregung um Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD), der sich mit massiven Vorwürfen dreier früherer Freundinnen konfrontiert sieht, in denen es unter anderem um den Verdacht der Vorteilsnahme gehen soll. Der OB streitet alles ab, die Kommunalpolitiker reagieren mit einer Mischung aus Erschütterung und Empörung. Die Behörden, die Klarheit in all das Dunkel bringen könnten, das seit anderthalb Jahren rund um die Fehde zwischen Cohn und seiner Stellvertreterin Josefa Schmid (FDP) herrscht, schweigen beharrlich.
Als würde das nicht reichen, dann die bittere Nachricht, dass es für Karstadt in Leonberg wohl endgültig keine Zukunft geben wird. Denn die Hoffnung, dass die Filiale im Leo-Center ein weiteres mal im letzten Moment von einer konzerninternen Streichliste verschwinden könnte, hegen wohl selbst die kühnsten Optimisten nicht mehr.
Damit dürften rund 80 Jobs verschwinden, teils von Mitarbeiterinnen, die ihr ganzes Arbeitsleben bei Karstadt verbracht haben. Die Region Leonberg wird ihr letztes klassisches Kaufhaus verlieren, in dem man mehr oder minder alles an einem Ort bekommen hat. Gewiss: Nicht wenige Handelsexperten halten dieses Kaufhaus-Konzept für überkommen, zumal nicht nur die Filiale in Leonberg in einem nicht eben ansehnlichen Zustand war. Und doch war und ist Karstadt der klare Magnet des Leo-Centers. Die Befürchtungen, dass die ohnehin durch viele Leerstände angeschlagene Shoppingmall nun einen weiteren Tiefschlag verkraften muss, sind nicht unbegründet.
Das regionale Management der Betreiber-Gruppe ECE sieht nicht so schwarz: Erstens gebe es für die Karstadt-Flächen die Pläne B und C, die das ganze Leo-Center attraktiver machen könnten. Zweitens sei es noch keine endgültig beschlossene Sache, dass Karstadt im August wirklich die Türen schließen würde. Zumal sich verschiedene CDU-Politiker und Oberbürgermeister Cohn für einen Erhalt der Filiale stark machen.
Ins Bild dieser frustrierenden Nachrichten passen zwei aktuelle Entscheidungen im Leonberger Gemeinderat: Dass die Mehrheit das zentrale Entwicklungsprojekt Postareal erneut ausgebremst hat, ist kein gutes Signal für die Stadtentwicklung. Keine Frage: Viele Punkte des so wichtigen Vorhabens sind noch ungeklärt. Doch wer alles auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt, macht nichts besser, eher schlimmer. Das Postareal gerät zusehends zum Synonym für Lähmung.
Fatal auch die Entwicklung beim geplanten Baugebiet Unterer Schützenrain, gegen das die Anwohner massiv Sturm laufen: Das sei klimaschädlich und wegen steiler Zuwege für ältere und behinderte Menschen nicht geeignet, führen sie an. Sage und schreibe drei Infoveranstaltungen hat die Stadt angeboten, um die Gemüter zu beruhigen. Geholfen haben die Aussagen der Fachleute, dass die 3800 Quadratmeter Wohnraum rechtlich machbar seien, gar nichts.
Im Gegenteil: Der Oberbürgermeister ist von den Protesten offenbar beeindruckt und überraschte jetzt seinen eigenen Gemeinderat mit der Empfehlung, das Vorhaben einfach komplett zu streichen. Da war selbst Cohns SPD konsterniert, die sich seit Jahren glaubhaft für bezahlbaren Wohnraum einsetzt. Damit nicht alles verloren geht, haben die Fraktionen den Beschluss vertagt. In diesem Fall muss man sagen, zum Glück. Denn einfach ein weiteres Wohngebiet zu kippen, wäre eine desaströse Entscheidung gewesen.