Der Streit in Ludwigsburg um Stadtbahnen, Schnellbusse und Wasserstoffbahn ist verwirrend. Worum geht es dabei? Zehn Antworten auf die drängendsten Fragen – auch die, wie es nun weitergeht.

Ludwigsburg - Das Sommertheater zur Stadtbahn ist erst einmal beendet, OB Werner Spec und Landrat Rainer Haas sind im Urlaub. Selbst Bahnexperten haben Mühe, dem verworrenen Streit um Varianten, Züge, Trassen und Schnellbussen zu folgen. Daher gibt es hier eine Übersicht.

 

Die Kommunen im Ludwigsburger Umland und der Landrat wollen die SSB-Stadtbahnlinie U 15 von Remseck bis Markgröningen verlängern. Ludwigsburg ist dagegen, weil dies für die Barockstadt wenig Vorteile bietet und am Bahnhof kompliziert wird. Weder die Innenstadt noch die West- und Oststadt würden angeschlossen.

Was bedeutet Hoch- und Niederflur?

Der Stuttgarter Ministerialdirektor Uwe Lahl hatte 2017 die Idee, einen Kompromiss zu schließen: Statt der gelben Bahnen der SSB, die hohe Einstiegsrampen erfordern, soll in Ludwigsburg eine eigene Stadtbahn gegründet werden. Mit Niederflurwagen, aus denen man wie bei der alten Straßenbahn aussteigen kann. Diese passen ins Ludwigsburger Stadtbild und kann die Stadtteile mit anbinden. Sie ist aber nicht kompatibel mit der SSB-Bahn.

Was ist die Doppelstrategie?

Der Kompromiss sieht vor, dass zweigleisig, also „doppelt“, geplant wird: Der Landkreis kümmert sich um das neu zu gründende Stadtbahnsystem, Ludwigsburg plant Schnellbus-Routen etwa nach Rems-eck und will die Strecke nach Markgröningen reaktivieren – kurzfristige Lösungen, bis das neue Niederflursystem 2030 steht.

Was ist die Waserstoffbahn?

Der Ludwigsburger OB Werner Spec will bundesweit die erste Bahn, die mit Wasserstoff angetrieben wird, zwischen Ludwigsburg und Markgrönigen fahren lassen. Und zwar bis 2022, wie er stets verkündet. Diese modernen Züge sollen auf den alten Gleisen von Markgröningen durch Ludwigsburg bis hin zur Firma Wüstenrot & Württembergische verkehren.

Wo liegen die Knackpunkte?

Die Umlandbürgermeister und der Landrat fürchten, dass man in Ludwigsburg gar keine Stadtbahn möchte. Sondern die Schnellbusse und die Bahn nach Markgröningen umsetzen will – um dann festzustellen, dass man gar keine Stadtbahn mehr brauche. Das hat der OB Werner Spec immer wieder verklausuliert angedeutet. Formal haben sich der Ludwigsburger Gemeinderat und die Verwaltung allerdings zur Doppelstrategie mit der Niederflurbahn „als langfristigen Baustein“ bekannt, doch das Misstrauen der Projektpartner ist groß.

Was sagt das Ministrium?

Tatsächlich sieht der Ministerialdirektor Uwe Lahl Probleme, Zuschüsse dafür zu bekommen, erst die Wasserstoffbahn nach Markgröningen und wenige Jahre später eine Stadtbahn auf der gleichen Strecke rollen zu lassen. Das ginge nur, wenn die Stadtbahn zusätzlich viel mehr Fahrgäste auf die Schiene bringen würde. Zudem gibt es Zweifel am eng gestrickten Zeitplan. Im Ludwigsburger Rathaus wird fieberhaft an einer Lösung gearbeitet. Experten rechnen nicht vor 2024 mit einer Wasserstoffbahn.

Warum ist noch einmal über eine Hochflurbahn diskutiert worden?

Der Landrat Rainer Haas fühlte sich von OB Werner Spec hintergangen. Daher hat er die Umlandbürgermeister noch einmal zusammengetrommelt – auch bisher unbeteiligte etwa aus Schwieberdingen oder Korntal-Münchingen. Doch sein Vorstoß ist einmal mehr am Votum des Ludwigsburger Gemeinderates gescheitert. Dort sind die Stadtbahngegner ohnehin zerstritten: Die SPD ist für die Hochflur-, die Grünen für Niederflurbahn. Daher hatte Haas’ neuer Vorstoß keine Chance. Auch das Verkehrsministerium war skeptisch.

Herrscht jetzt Frieden?

Auf dem Papier ja. Rainer Haas gibt die SSB-Hochflurpläne auf, und Werner Spec bekennt sich zur „Doppelstrategie“ mit allen Komponenten. Auch das Verkehrsministerium begrüßt, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen wollen, wie der Amtschef Uwe Lahl betont. Allerdings hat Rainer Haas zur Bedingung gemacht, dass sich die Stadt Ludwigsburg in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zum Bau der Stadtbahn verpflichtet. Der Baubürgermeister Michael Ilk sagt dazu: „Einen Blankoscheck gibt es nicht.“ Zudem lehnt er die Forderung von Haas ab, Ludwigsburg solle 50 Millionen Euro für Stadtbahnlinien in die Oststadt allein tragen: „Rosinenpickerei gibt es nicht, es ist ein Projekt.“

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Sommerpause wollen sich die politischen Entscheidungsträger im so genannten Lenkungsausschuss treffen. Ob es ein persönliches Gespräch von OB und Landrat gibt, ist offen. Zudem ist ein weiterer Termin in Stuttgart geplant. Das Verkehrsministerium fordert aber Einigkeit vor Ort und verbindliche Vereinbarungen.

Was ist der Schlüssel zur Lösung?

Letztlich geht es, darüber sind sich Beobachter einig, um Vertrauen: Gelingt es Spec und Haas, ihre Befindlichkeiten zurückzustellen und zu kooperieren? So mancher hofft auf Besinnung im Sommerurlaub.