David McAllister (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, bedauert die gescheiterten Gespräche über eine Jamaika-Koalition in Deutschland. Doch die geschäftsführende Bundesregierung könne auch vorübergehend auf nationaler Ebene agieren.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - David McAllister (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, bedauert die gescheiterten Gespräche über eine Jamaika-Koalition in Deutschland.

 
Deutschland wird in absehbarer Zeit keine handlungsfähige Regierung haben, wann nimmt die EU Schaden?
Dass die Sondierungsgespräche gestern Nacht abgebrochen wurden, bedauere ich auch aus europapolitischer Sicht sehr. Gleichwohl hat die Bundesrepublik eine geschäftsführende Bundesregierung. Sie ist in der Lage, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer und internationaler Ebene notwendige Entscheidungen zu treffen. So hat die Bundesregierung erst letzte Woche in Brüssel mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) in der Verteidigungspolitik ein sehr ambitioniertes EU-Projekt entscheidend voran gebracht.
Es steht aber eine Antwort aus Berlin aus auf die Reformen, die der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angestoßen haben…
In dieser außergewöhnlichen Lage in Deutschland gilt es, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und in Ruhe zu erörtern, wie es weiter gehen kann. Der Bundespräsident hat zu Recht die Parteien daran erinnert, politische Verantwortung wahrzunehmen. Die CDU wird weiterhin ihren aktiven Beitrag zur politischen Stabilität leisten. Selbstverständlich wird sich Deutschland an der Debatte um die Zukunft der EU und die notwendigen Reformen aktiv beteiligen – auch wenn derzeit nicht absehbar ist, in welcher Regierungskonstellation dies geschehen wird.
Hat die FDP europapolitisch verantwortlich gehandelt, als sie die Gespräche abgebrochen hat?
Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen jetzt nicht weiter. Die Entscheidung der Beteiligten sind zu akzeptieren. In etlichen Bereichen der Europa-Politik gibt es Übereinstimmungen zwischen Union und FDP, aber es ist kein Geheimnis, dass mit Blick auf die weitere Entwicklung der Euro-Zone auch Differenzen bestehen.
Halten Sie es für sinnvoll, den Eurogruppen-Gipfel Mitte Dezember zu verschieben, weil Deutschland keine handlungsfähige Regierung hat?
Es gibt eine geschäftsführende Bundesregierung, die handlungsfähig ist, wie wir letzte Woche bei der Entscheidung für PESCO gesehen haben. Sie wird es auch beim nächsten Europäischen Rat Mitte Dezember sein, wenn es unter anderem um Fragen des Brexit geht. Es wird zwar gerade eine grundsätzliche Debatte um die Zukunft der Euro-Zone geführt. Doch Entscheidungen stehen erst im nächsten Jahr an.