DB-Debakel, Maultaschen und Bier: EM-Fanumfrage So finden die ausländischen Fans Stuttgart

Am Wochenende war Stuttgart blau. Die Tartan-Army brachte eine Menge Partystimmung in den Kessel. Foto: Juri O’Connor Heid

Wir haben bei den Ungarn und Schotten nachgefragt. Spoiler: Die einen finden, OB Nopper sei ein „handsome guy“ (gut aussehender Kerl), die anderen finden Maultaschen nur so semi-appetitlich.

Die Fußballeuropameisterschaft ist in vollem Gange. In Stuttgart wurden bisher drei Gruppenspiele ausgespielt. Die dänischen, slowenischen, ungarischen und schottischen Teams hatten bei ihren Duellen eine Menge Fans im Gepäck. Das führte zu schönen Momenten. Die Partie Schottland gegen Ungarn vom Sonntag haben wir als Anlass genommen, bei den ausländischen Fans nachzufragen: Wie findet ihr Stuttgart eigentlich? Und Überraschung: Von DB-Drama bis Gourmetcheck war alles dabei.

 

Deutsche Bahn schneidet schlecht ab bei den Fans

24 Stunden nachdem bekannt wurde, dass Schottland an der Euro 2024 teilnehmen wird, waren sämtliche Flüge nach Deutschland ausgebucht. Dementsprechend holprig war die Anreise einiger Fans. So auch die einer Gruppe junger Glasgower: „It took us two planes, two trains and two taxis to get from Glasgow to Stuttgart.“ [Übersetzt: „Wir haben zwei Flüge, zwei Züge und zwei Taxis gebraucht, um von Glasgow nach Stuttgart zu kommen.“] Vor allem die Deutsche Bahn machte einigen Fans etwas zu schaffen.

Isabell aus Schottland hatte sich bei unserem Gespräch wohl noch nicht ganz von ihrer Stuttgart-Anreise erholt: „I just had my worst train experience ever. The train was super loaded and we were over fifteen minutes late.“ [Übersetzt: „Ich hatte gerade die schlimmste Zugerfahrung meines Lebens. Der Zug war extrem voll und wir hatten über fünfzehn Minuten Verspätung.“] Regelmäßige Bahnfahrer:innen können über Isabell’s „schlimmste Zugerfahrung“ wahrscheinlich nur lächeln.

Stuttgart glänzt mit der Organisation

Deutschlandweit sorgte die Deutsche Bahn für Sorgenfalten bei den reisenden Fußballfans. Der Stuttgarter ÖPNV hingegen konnte in den letzten Tagen überzeugen. Für Benedict aus Budapest war es überraschend, wie einfach man von der Innenstadt zum Stadion kommen konnte. Gerade, dass die Züge nicht komplett überfüllt waren, sei sehr schön gewesen. Außer ein paar Ausnahmen konnte die Stadtbahn während dieser EM mit Pünktlichkeit glänzen.

Die ungarischen Hooligans, die in der Vergangenheit schon öfters für negative Schlagzeilen sorgten, hatten im Vorfeld bei den Verantwortlichen zu Besorgnis geführt. Während der beiden Ungarnspiele blieb die Lage jedoch ruhig. Umso mehr gilt es daher die Zusammenarbeit der deutschen und ungarischen Sicherheitskräfte zu loben. Gabor und Elwira waren bei der Partie Ungarn-Deutschland in Stuttgart mittendrin: „Wir haben uns trotz der vielen Menschen im Fanmarsch superwohl gefühlt. Das war einfach sehr gut organisiert. Auch die Fanzone am Schlossplatz ist aufgrund ihrer Größe super, weil sich alles gut verläuft.“

Durchwachsenes Sommerwetter in Stuttgart

Im Gegensatz zu den Stuttgarter Organisatoren hat sich das Wetter im Ländle während der EM noch nicht von seiner besten Seite gezeigt. Die Meinungen zum Stuttgarter Klima sind bei den Fans gespalten. Das schwül-warme Wetter am Donnerstag machte einigen Schotten zu schaffen. Peter und Andrew, die mit sonnenverbrannter Glatze auf dem Schlossplatz verweilten, brauchten die ein oder andere extra Abkühlung. Gut, dass Kaltgetränke gerade in der Nähe waren.

Schottland-Fan Thomas hat der wiederkehrende Regen am Wochenende wohl ganz gut gefallen: „I’m in Germany for ten days now and it’s raining every day. That makes it feel a little like home.“ [Übersetzt: „Ich bin jetzt seit zehn Tagen in Deutschland und jeden Tag regnet es. Das gibt mir ein bisschen das Gefühl als wäre ich daheim.“] Sollte es in den kommenden Tagen wieder sonniger werden, freuen sich die angereisten Fans vielleicht über die Sonnencreme-Spender in den Stuttgarter Fanzones.

Fans raten Berufe der Stuttgarter Prominenz

Hier Teile der Umfrage in Videoform:

Bei unserer Umfrage haben wir außerdem schottische Fans die Berufe von VfB-Stuttgart-Coach Sebastian Hoeneß und Oberbürgermeister Frank Nopper anhand von deren Fotos erraten lassen. Ein paar gute Antworten sind dabei rumgekommen:OB Frank Nopper ist sein Beruf wohl auf die Stirn geschrieben. Eine Gruppe schottischer Fans konnte seine Profession auf Anhieb erraten. Grund dafür seien nach deren Aussage seine Harre, die sogar in Zivil auf der Fanzone super säßen. Ein Kompliment an den Oberbürgermeister gab es von den Schotten obendrauf: „Wow, that is a really handsome guy!“ [Übersetzt: „Wow, das ist wirklich ein gut aussehender Typ.“]

Auch Sebastian Hoeneß ist beim Berufe-Raten gut weggekommen. Denn eine Bundesliga-Vizemeisterschaft hat noch nicht für die große internationale Bekanntschaft gereicht. Stattdessen verorteten die befragten Fans den VfB-Coach eher im Schauspiel-Business. Und auch seine Erscheinung wurde von den Fans gelobt. Fazit der Umfrage: Die Stuttgarter Prominenz kommt bei den ausländischen Fans gut an. Für die regionalen Speisen gilt das nur in Abstrichen.

Gemischte Meinungen beim schwäbischen Foodcheck

Fleisch im Nudelteig findet sich in unterschiedlicher Ausführung auf den Speisekarten vieler Länder wieder. Selten werden die Teigtaschen aber so zum regionalen Kulturgut hochgejazzt wie im Schwabenland. Was sagen die internationalen Fußballfans zum Lieblingsgericht der Schwaben, den Maultaschen? Von ihrem Nationalgericht Haggis sollten die Schotten eigentlich einiges gewohnt sein, trotzdem führte der Anblick der Maultaschen bei einigen Fans zu etwas Besorgnis. Der Geschmackstest konnte manch eine:n aber überzeugen. Von bescheidenem Lob wie „That’s not Haggis. But okay, it’s good. I could eat more of that.“ [Übersetzt: „Das ist zwar kein Haggis, aber es ist gut. Ich könnte mehr davon essen.“] bis zu großer Begeisterung, wörtlich „That’s absolutely brilliant. I totally love that!“ [Übersetzt: „Das ist wirklich brillant. Ich liebe es total!“], fanden die Teigtaschen einigen Zuspruch.

Linsen mit Spätzle hingegen traf vor allem bei ungarischen Fans auf viel Zuneigung. Ansonsten konnten, wie bei den Stadtbewohner:innen auch, die Stuttgarter Dönerimbisse bei den ausländischen Fans im Foodcheck überzeugen. Leckerbissen gab es während der EM genügend.

Bier, Bier und Bier

Wo die Meinungen zum Essen in verschiedene Richtungen gingen, waren sich die Fans beim Bier einig. Stuttgarter Bier ist verdammt lecker: „Beer, that is why we came to Germany.“ [Übersetzt: „Bier ist der Grund, warum wir nach Deutschland gekommen sind.“], hieß es von den meisten. Manche fanden sogar, dass das Stuttgarter Bier besser sei als das Kölner Bier. Für andere wiederum erfüllten beide Hopfengetränke ihren Job.

Dass die Dänen schon am ersten EM-Wochenende das Bier im Sonja-Merz-Biergarten leer getrunken haben, spricht wohl für sich. Das Bier in der Fanzone, dass deutschlandweit von Bitburger gestellt wird, trifft hingegen auf weniger Zuneigung. Im Netz kursierten einige negative Stimmen zur Großbrauerei: „That’s like fuc... water. You can’t drink that.“ [Übersetzt: „Das schmeckt wie verdammtes Wasser. Das kann man nicht trinken.“]

Schotten und Stuttgarter machen zusammen Party

Ein Fußballgroßereignis wie die EM ist immer ein Event der Begegnungen. Besonders die schottischen Fans waren in den letzten Tagen im Stuttgarter Stadtleben präsent. Dass die Stuttgarter gerne gemeinsam mit den schottischen Fans feiern, gefällt einer Gruppe junger Schotten besonders: „The whole vibe is beautiful. It’s amazing to party with all the Germans.“ [Übersetzt: „Die ganze Stimmung ist herrlich und es macht Spaß mit all den Deutschen zu feiern.“] Auch Ungarn-Fan Ishwan, der seit der Partie Deutschland – Ungarn im Kessel ist, gefällt die Stimmung in der Landeshauptstadt: „The spirit of the city is amazing. There are people all over the place.“ [Übersetzt: „Die Stimmung in der Stadt ist großartig. Überall sind Menschen.“]

Hier ein paar Beweise, dass das gemeinsame Feiern bisher gut funktioniert:

Die Stuttgarter Pipe Spieler dürfen mit den Schotten mitziehen. Und in der schottischen Fanzone am Stadtgarten sind partyfreudige Deutsche gerne gesehen.

Nach dem Ausscheiden der schottischen Nationalmannschaft am Sonntagabend ließen sich die Fans ihre gute Stimmung nicht nehmen. Hier feiern sie gemeinsam mit deutschen Fans in einem Stuttgarter Club.

Die europäischen Gäste fühlen sich bisher im Kessel ziemlich wohl. Bisher kam es zu kaum Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern. Dafür zu einer Menge schöner Bilder und Geschichten.

Bis zum EM-Finale am 14. Juli werden noch zwei Partien in Stuttgart ausgetragen. Hoffentlich geht das „Sommermärchen 2.0“ auch in den nächsten Tagen so weiter.

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