Die Freien Wähler in der Region schätzen das Potenzial niedrig ein, die SPD und die Grünen hoch. Die Lenkungskreis-Ergebnisse werden mitgetragen.

Die Regionalräte haben für gut befunden, was der Lenkungskreis von Stuttgart 21 am Montag unter Beteiligung des Regionalpräsidenten Thomas Bopp (CDU) eingetütet hatte. Die meisten Mitglieder im Verkehrsausschuss der Regionalversammlung stimmten dem Ergebnis am Mittwoch freudig zu, einige mit dem Hinweis, dass noch viel Arbeit in der Umsetzung anstehe, speziell die Fraktion Linke/Pirat nur „zähneknirschend“. Welche Vorteile die verabredete Erhaltung der Panoramabahnstrecke der Gäubahn in Stuttgart für den Verband Region Stuttgart (VRS) als Aufgabenträger für die S-Bahn haben wird, war strittig.

 

Bopp sprach von einem „Meilenstein“. Alle S-21-Partner seien über ihren Schatten gesprungen, als sie die Weichen stellten für einen Pfaffensteigtunnel der Gäubahn zwischen Böblingen und dem Flughafen, für weitere Infrastruktur zugunsten von besserem Bahnverkehr und für die Erhaltung der Panoramabahn. Inklusive der Digitalisierung der Zugsteuerung ergebe sich „bald der bestausgebaute deutsche Schienenknoten“.

Beitrag für die Panoramabahn gedeckelt

Der Ausschuss stimmte nachher auch dem Vorschlag zu, für die Panoramabahn einen kleinen bis mittleren sechsstelligen Betrag pro Jahr bereitzustellen. Auf Drängen der CDU und der Freien Wähler wurde diese Größenordnung aber als „maximal“ bezeichnet und so „gedeckelt“. Rainer Ganske (CDU) sagte, „wenn wir in 20 Jahren Verbindungen in den Norden der Region fahren, kann auch eine andere finanzielle Situation eintreten“. Zunächst stünden Verkehrsangebote des Landes zur Debatte.

Bernhard Maier (Freie Wähler) warnte vor dem erklärten Ziel des Lenkungskreises, eine Organisationsstruktur für den Weiterbetrieb der Panoramabahnstrecke zu suchen: „Es riecht verdammt nach dauerhafter Beteiligung des Verbands.“ Da mache seine Fraktion nicht mit. Der Nordhalt in Stuttgart, mit dem der Lenkungskreis die Folgen der vormals von der DB angestrebten Kappung der Gäubahnstrecke in Stuttgart-Vaihingen mildern will, sei nicht unbedingt nötig, der „Unterbruch“ in Vaihingen den Fahrgästen zumutbar. An der Panoramabahn habe der VRS nur geringes Interesse. Die Strecke werde künftig nur wichtig sein wegen ihrer Erschließungsfunktion für Stuttgart-West.

Kritik an den Freien Wählern

Maier betrachte alles aus der Autofahrerperspektive, klagte die Linke. Und auch Thomas Leipnitz (SPD) meinte, die Freien Wähler sprängen entschieden zu kurz. Die Panoramastrecke werde für den VRS langfristig noch wichtiger. Wenn es auf ihr in einigen Jahren S-Bahn-Linienverkehre geben sollte, solle der VRS den finanziellen Deckel korrigieren. Der VRS müsse auch zwingend am Tisch sein, wenn in einem geplanten Faktencheck demnächst Ersatzlösungen gesucht werden, weil die alte Gäubahnstrecke von Mitte 2025 an wegen Bauarbeiten vom Hauptbahnhof abgehängt wird und der Pfaffensteigtunnel zwischen Böblingen und dem Flughafen frühestens 2032 für Gäubahnzüge zur Verfügung steht.

Armin Serwani (FDP) rief wie die SPD in Erinnerung, dass die Panoramabahn bereits jetzt für den VRS wichtig sei: als Ausfallstrecke bei jährlich mindestens zehn bis 20 Störfällen im S-Bahn-Netz. Sie könne auch eine Art zweite Stammstrecke der S-Bahn in Stuttgart werden – mit Nordhalt und mit Anbindung an den Bahnhof Feuerbach und an Schienenwege in Richtung Norden, aber ohne direkte Anbindung an den Hauptbahnhof.

Appell vom Böblinger Oberbürgermeister

Bei Grünen-Fraktionschef André Reichel überwog die Freude über den Lenkungskreis, er forderte aber, dass sich der VRS um eine Interimslösung für die Gäubahn nicht nur bis zu einem neuen Nordhalt kümmert. Der Böblinger OB Stefan Belz (Grüne) hakte nach: Der VRS müsse sich zusammen mit anderen Regionen entlang der Gäubahnstrecke um die Verhinderung eines Desasters durch eine mehrjährige Abhängung vom Hauptbahnhof bemühen: „Es kann nicht sein, dass die Landeshauptstadt knochenhart auf ihre Position beharrt“, nämlich im Interimszeitraum ab 2025 für die Gäubahn keine Gleise mehr zum Kopfbahnhof liegen zu lassen. Die Gäubahn funktioniere nur als Ganzes. Die Fraktion Linke/Pirat hält die Durchbindung zum Hauptbahnhof auch für wünschenswert. Ihre Freude trübt der Pfaffensteigtunnel: Der werde einen gigantischen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, so Wolfgang Hoepfner.