Mehrheit will prüfen lassen, ob neben dem Atrio-Projekt ein neues Wohnquartier möglich ist.

Leonberg - Der Oberbürgermeister drängte auf Eile: Der Beschluss zur Erweiterung der Behinderteneinrichtung Atrio in der Neuen Ramtelstraße solle nun zügig fallen, bat Martin Kaufmann die Stadträte, damit die gemeinnützige Institution gleich loslegen könne. Doch das sah eine knappe Mehrheit des Gemeinderates anders. Die Entscheidung wurde vertagt.

 

Die Art und Weise, wie diese Vertagung zustande kam, gibt einen Vorgeschmack auf die kommenden 14 Monate, die vom Kommunalwahlkampf geprägt werden dürften. Im Frühjahr 2019 werden die Gemeinderäte neu gewählt.

Im Landschaftsschutzgebiet

Doch worum geht es in der Sache? Wie berichtet, hat Atrio auf 1,5 Hektar große Pläne: Ein Werkstatt- und Lagerhaus soll dort entstehen, außerdem ein Gebäude für die Dienstleistungsagentur Leda mit zwei Etagen und ganz hinten zwei dreigeschossige Wohnhäuser für Behinderte.

Der Knackpunkt: Es handelt sich um ein Landschaftsschutzgebiet. Um bauen zu können, muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Die Flächen will die Stadt daher als Sondergebiet ausweisen.

Doch das greift Wolfgang Schaal zu kurz. Wenn man schon dabei ist, so meinte der Freie Wähler jetzt im Gemeinderat, könne man dort ein Mischgebiet ausweisen, in dem auch Platz für Wohnraum und Handwerksbetriebe wäre. Jetzt nur ein Sondergebiet für Atrio zu beschließen, könnte die weitere Entwicklung beeinträchtigen: „Dieser Schnellschuss kann zum Fehlschuss werden.“ Von der Fläche her erwartet Schaal keine Probleme. Die Stadt hat dort Land. Zudem hätten mehrere Eigentümer ihre Verkaufsbereitschaft erklärt.

Sind Wohnungen noch möglich?

Elke Staubach sah es ähnlich. Die CDU-Fraktionschefin sorgte sich, dass eine mögliche Wohnbebauung in dem hinteren Bereich der Neuen Ramtelstraße nicht möglich ist, würde jetzt ausschließlich eine Art Sonderzone Atrio geschaffen. Martin Kaufmann sah diesen Widerspruch nicht: „Der Startschuss für Atrio hindert uns nicht daran, ein gutes Konzept zu entwickeln.“

Richtig sauer war Bernd Murschel. „Wir sind nicht im Mittelalter“, polterte der Fraktionschef der Grünen. „Ich kann nicht einfach sagen: Ich hab jemanden, der verkauft. Und dann machen wir’s so.“ Es gelte immer noch der Flächennutzungsplan.

„Ich gebe dem Herrn Murschel ja ungern Recht“, meinte Christa Weiß. „Aber seine Aussagen decken sich mit unserer Meinung. Eine Bebauung bei Atrio als gemeinnützige Einrichtung sei vertretbar, meinte die Sozialdemokratin. „Aber alles andere ist sensibles Gebiet.“

„Wir wollen das Atrio-Projekt nicht verhindern“, erklärte der Fraktionschef der Freien Wähler, Axel Röckle. „Aber es ist legitim darüber nachzudenken, wo was möglich ist“. Der Flächennutzungsplan müsse so oder so geändert werden.

Ludmann fordert Vertagung

Die Diskussion schwappte hin und her, da meldete sich Gabriele Ludmann (CDU) zu Wort. „Im Planungsausschuss wurde gesagt, ein Wohnviertel sei neben einem Sondergebiet nicht möglich“, erklärte die hauptberufliche Architektin. „Wir müssen uns die Zeit nehmen, um eine saubere Konzeption hinzukriegen. Ich beantrage Vertagung.“ Ihr Antrag hatte Erfolg. Das Planungsamt muss nun prüfen, wie Atrio-Projekt und Wohnen am besten vereinbar sind.