Bei der Debatte im Jugendhilfeausschuss wurde gefordert, einen stärkeren Fokus auf den Ausbau der Kindertagespflege zu legen sowie die Imagewerbung für den Erzieherberuf auszubauen. Erfreut zeigte sich das Gremium über den Kinderzuwachs in Stuttgart.

Stuttgart - Dass in Stuttgart knapp 3500 Kleinkinder ohne Krippenplatz sind, hat am Montag auch den Jugendhilfeausschuss beschäftigt. Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) musste vor dem Gremium einräumen: „Wir haben immer noch keine Bedarfsdeckung erreicht.“ Zugleich hatte sie auch eine positive Botschaft: „Wir haben eine kontinuierlich steigende Kinderzahl.“

 

Schuldzuweisungen kassierte die Stadtverwaltung indes nicht. Allerseits wurden die Anstrengungen der Stadt zum Ausbau der Kitas als respektabel gewürdigt – insbesondere auch, dass so rasch so viele Flüchtlingskinder in die Kitas integriert werden konnten. Dass durch Geburten und Zuzüge insgesamt so viele Kinder mehr als prognostiziert in Stuttgart lebten, habe ja niemand ahnen können, so der Tenor. Iris Ripsam (CDU) kündigte an, sie werde in ihrer Fraktion für den Ausbau der Kinderbetreuung werben: „Wir sollten Ende des Jahres bei den Haushaltsberatungen ein Signal setzen, dass wir nicht nachlassen.“ Im Raum steht beispielsweise, ob die Großstadtzulage für Erzieherinnen, der Tarif plus, auch nach Ablauf dieses Jahres noch weiter bezahlt werden soll oder nicht. Auch die weitere Aufstockung der praxisintregrierten Erzieherausbildung (Pia) könnte die klamme Personalsituation in den Kitas verbessern. Ripsam zeigte sich entsetzt über 450 wegen des Fachkräftemangels blockierte Kitaplätze. „Stehen denn Räume leer?“, fragte sie. Sie schlug vor, den Blick stärker als bisher auf den Ausbau der Kindertagespflege zu lenken: „Wäre das nicht eine Ressource, die wir aktivieren könnten – insbesondere für Eltern mit unorthodoxen Arbeitszeiten?“

Lazaridis: „Mehr Kinder ist ein Luxusproblem – das macht eine Stadt zukunftsfähig“

Für Vittorio Lazaridis (Grüne) stand vor allem der Respekt für das bereits Geschaffene und die Freude über den Kinderzuwachs im Vordergrund: „Mehr Kinder, das ist ein Luxusproblem“, sagte er – „das macht eine Stadt zukunftsfähig“. Andere Städte müssten Kitas und Schulen dichtmachen. Im Blick auf Tarif plus und Pia – auch auf die 80 zusätzlichen Ausbildungsplätze durch die Ausbildungspauschale bei den freien Trägern – sagte Lazaridis: „Wir haben das, was möglich ist, gemacht.“ Bernd Klingler (AfD) könnte sich allerdings noch mehr Imagewerbung für den Erzieherberuf vorstellen.

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Auch Judith Vowinkel (SPD) lobte die „enorm große Leistung“ bei der Stadt, aber auch bei den freien Trägern beim Ausbau der Kitas. Sie bat darum, den ausführlichen Bericht darüber auch in den Stadtbezirken vorzustellen und darüber zu beraten – und auch einen Zusammenhang mit dem Sozialdatenatlas herzustellen. Auch ihre Fraktionskollegin Marita Gröger drang auf den stadtteilbezogenen Überblick. Sie gab aber auch zu bedenken, dass die Anforderungen an eine Erzieherin immer höher würden, mithin sozialarbeiterisches Knowhow verlangten und einen hohen Belastungsfaktor darstellten.

Evangelischer Kitaträger begrüßt zentrale Vormerkliste

Jörg Schulze-Gronemeyer vom evangelischen Kitaträger begrüßte die Umstellung auf die Online-Anmeldung für alle Kinder: „Wir brauchen die zentrale Vormerkliste – auch bezogen auf die Stadtbezirke. Davon profitieren wir alle.“ Bereits bei der aktuellen Anmeldung für das kommende Kindergartenjahr können Eltern ihr Kind erstmals maximal nur noch an drei städtischen Kitas und bis zu sieben Einrichtungen anderer Träger vormerken lassen. Auch Schulze-Gronemeyer riet jedoch im Blick auf den Platzengpass, die Kindertagespflege genauer anzuschauen: „Mit jeder Kindertagespflege-Person können wir vier bis neun Plätze schaffen.“