Die (Zurück-)Versetzung des Denkmals für den letzten württembergischen König, Wilhelm II., im Stadtpalais ist in der Stadtgesellschaft umstritten. Jetzt gibt es einen Kompromissvorschlag.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Die Diskussion über den angemessenen Standort des Denkmals für Wilhelm II. beim Stadtpalais und damit die Debatte über die historische Einordnung des letzten württembergischen Königs nimmt weiter Fahrt auf.

 

Jetzt hat sich Albrecht Ernst, stellvertretender Leiter des benachbarten Hauptstaatsarchivs und ausgewiesener Wilhelm- II.-Kenner, eingeschaltet. Ernst widerspricht der Charakterisierung Wilhelms II. durch den Leiter des Stadtmuseums, Torben Giese. Dieser schere Preußen und Württemberg bedauerlicherweise über einen Kamm, kritisiert Ernst. Mit der Einstufung als Autokrat werde er der Person Wilhelm II. nicht gerecht. Zwar wende Giese sich zu Recht gegen eine Beschönigung der wilhelminischen Epoche als „guter alter Zeit“. Im Unterschied zu seinem preußischen Namensvetter habe der württembergische König jedoch „einen Gegenentwurf der Monarchie“ vertreten und gelebt. Natürlich sei Wilhelm – jahrgangsbedingt – kein geborener Demokrat gewesen. „Als Bürger war es für ihn – anders als für andere abgedankte Monarchen – jedoch eine Selbstverständlichkeit, an den ersten demokratischen Wahlen 1919 teilzunehmen.“ Auch habe er die vom Landtag beschlossenen Gesetze als unumstößlich angesehen. „Württemberg war ein auf einer modernisierten Verfassung beruhender Rechtsstaat“, argumentiert Ernst. „Seine Toleranz spiegelt sich beispielhaft im Internationalen Sozialistenkongress, der 1907 in Stuttgart stattfand. Ebenso in seiner europäischen Weltoffenheit.“

Bis 2013 stand Wilhelm II. vor dem Gebäude

Giese hat einen anderen Fokus. In einem von der Stadt Stuttgart herausgegebenen Buch über das Wilhelmspalais sieht er Tendenzen, Wilhelm II. als Bürgerkönig zu verklären. Als Identifikationsfigur für das Stadtmuseum, das im früheren königlichen Wohnhaus Wilhelms II. untergebracht ist, tauge dieser nicht. Das drückt sich in der Versetzung des 1991 von Stuttgarter Bürgern gestifteten Denkmals für den Monarchen aus. Von dessen Platz auf der Vorderseite des Gebäudes, wo es bis 2013 gestanden hatte, wanderte es in den Garten des Stadtpalais. Während der Sanierungsarbeiten war es ausgelagert worden. Am heutigen Standort führt Wilhelm nach Meinung von Kritikern ein unverdientes Schattendasein.

Öffentliche Diskussion am 11. März im Stadtpalais

Ernst wendet gegen die Platzierung ein, dass es bei dem Denkmal für Wilhelm II. und seine Spitzhunde nicht um Politik gehe wie bei den Denkmälern für Kaiser Wilhelm I. auf dem Karlsplatz, für Herzog Eberhard im Bart im Innenhof des Altes Schlosses und für König Wilhelm I. vor der Staatsgalerie. „Es ist kein staatstragendes Monument, sondern eine anekdotenhafte, zivile, ganz unkriegerische Darstellung, für die man Kategorien der Political Correctness nicht anwenden sollte, argumentiert der Historiker. Weil ein Denkmal seiner Ansicht nach einen öffentlich zugänglichen Ort braucht, regt er an, die Bronzeplastik auf dem Gelände des Hauptstaatsarchivs aufzustellen, wo die von ihm überlieferten Schriftstücke lagern – „nur wenige Schritte vom ursprünglichen Standort entfernt“. Dort könnten Wilhelm II. und seine Hunde „Asyl und Aufnahme finden“.

Am Mittwoch, 11. März, 19 Uhr, wird im Stadtpalais eine öffentliche Diskussion zu dem Thema stattfinden, an der unter anderen Museumschef Giese, Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, der Historiker Wolfram Pyta und Wolfgang Müller von der Arbeitsgemeinschaft Stadtgeschichte Stuttgart teilnehmen. Der Eintritt ist frei.