Der sogenannte Grüne Pass fungiert in Israel als Eintrittskarte für Cafés oder Kinos. Auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle stellt sich die Frage nach seiner Daseinsberechtigung.

Tel Aviv - Vor Bars und Cafés, Museen und Kinos in Israel gehört der Griff zum Handy zum Alltag: Nur wer den Grünen Pass vorzeigen kann, das digitale Dokument für Geimpfte und Genesene, darf eintreten. Doch damit könnte es bald vorbei sein – und das auf dem Höhepunkt der hiesigen Omikron-Welle: Das Expertengremium, das Israels Regierung in Sachen Pandemiebekämpfung berät, hat am Sonntag die Abschaffung der bisherigen Grünen-Pass-Regeln empfohlen. Ein paar Tage zuvor hatte schon Finanzminister Avigdor Libermann eine ähnliche Forderung aufgestellt.

 

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Dahinter steht die Erkenntnis, dass der Grüne Pass als Garant für einen vermeintlich ansteckungsfreien Raum seine Wirkung verliert. Die Omikron-Variante des Covid-19-Virus hat sich in Israel rasend schnell ausgebreitet, das Land hat derzeit eine der höchsten Infektionsraten der Welt. Von den etwa neun Millionen Einwohnern sind derzeit mehr als 500 000 infiziert. Wie Statistiken zeigen, ist die kleine Minderheit der Ungeimpften zwar sowohl unter den Infizierten als auch bei den schweren Krankheitsverläufen weiterhin stark überrepräsentiert. Doch auch Geimpfte stecken sich in hohen Zahlen an.

Drei Optionen stehen zur Debatte

„Es gibt keine medizinische und epidemiologische Logik hinter dem Grünen Pass “, schrieb Liberman auf Twitter. „Er bewirkt direkten Schaden für die Wirtschaft und die täglichen Abläufe.“ Er wolle den Pass abschaffen. Vergangene Woche erteilte ihm das Gesundheitsministerium noch eine Absage. Doch nun, nach der Empfehlung des Expertenkomitees, scheint Bewegung in die Sache zu kommen.

Medienberichten zufolge debattieren die Verantwortlichen im Gesundheitsministerium derzeit über drei Optionen im Raum: die Abschaffung des Grünen Passes; seine Erneuerung, aber auf „kleiner Flamme“, sprich, der Pass würde an weniger Orten zum Einsatz kommen; oder die Umstellung auf das sogenannte „violette“ System, bei dem die Zahl der Menschen in öffentlichen Räumen begrenzt wird.

Wie das Expertenkomitee andeutete, könnte es bald gute Argumente für weitreichende Lockerungen geben. Sollten Erkenntnisse gesammelt werden, dass die Omikron-Variante weder bei Kindern noch bei Erwachsenen zu Komplikationen führt, schreiben die Gesundheitsexperten, „dann wird es nötig sein, über einen Paradigmenwechsel nachzudenken“.