Bisher war das Gymnasium vor allem als Verfügungsmasse für die Opernerweiterung in den Schlagzeilen. Jetzt reden Schulleiter, Lehrer und Schüler Klartext: Sie wollen fester Bestandteil der Kulturmeile bleiben.

Stuttgart - Im Zuge der neu aufgeflammten Debatte um eine Umgestaltung der Kulturmeile zwischen Charlottenplatz und Gebhard-Müller-Platz wird immer wieder der Standort des Königin-Katharina-Stifts infrage gestellt. Lange hat sich die Schulgemeinschaft mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten. Doch nun haben Schulleitung, Lehrer und Schüler erstmals klar Position bezogen. Der eindeutige Tenor: Wir bleiben, wo wir sind.

 

Schulleiter Franz Baur hat zum Gespräch in die Schulbibliothek geladen. Von dort aus hat man einen guten Blick auf all die Baustellen, von denen das Gymnasium umgeben ist. Doch hinter den Schallschutzfenstern – die Schule wurde erst vor ein paar Jahren vorbeugend für rund zehn Millionen Euro saniert – bekommt man vom tosenden Lärm draußen nichts mit. „Wir haben uns damals trotz der absehbaren Belastungen entschieden, an unserem Standort zu bleiben“, sagt Baur. Die Sanierungszeit hat man mit Unterricht in Containern überbrückt. Und auch heute noch gibt es Tage, „da wackelt’s“, sagt Baur, während der Bagger auf der Nordseite des mehr als hundert Jahre alten Schulgebäudes ein Loch aushebt.

Zentrale Lage als großes Plus

Und dennoch ist die Idee, das geschichtsträchtige Gebäude zu räumen, um Platz für die Erweiterungspläne der Oper oder den Bau einer neuen Konzerthalle zu schaffen, weder für den Schulleiter noch für Lehrer und Schüler eine Option. „Wir waren und sind Teil der Kulturmeile“, sagt die Schulabteilungsleiterin Kathrin von Vacano, und Baur ergänzt: „Kultur ist Teil unseres Bildungsauftrags.“ Seit Jahren gibt es etwa Kooperationen mit den Staatstheatern und der John-Cranko-Ballettschule – zahlreiche aufstrebende Nachwuchstänzer haben ihre Schulbildung am Königin-Katharina-Stift erhalten.

Lehrer Josef Buck wird noch deutlicher: „Die Staatsoper wird ja auch nicht einfach irgendwo anders hin verlegt.“ Ihn empört, dass in der durch die Initiative Aufbruch Stuttgart um den früheren SWR-TV-Moderator Wieland Backes befeuerten Diskussion um eine Verlagerung der Schule „nicht mit offenen Karten gespielt wird“. So werde ein anderer Schulstandort damit gerechtfertigt, dass dem von der württembergischen Königin Katharina vor fast zwei Jahrhunderten als Mädchenschule gegründeten Gymnasium der derzeitige Standort wegen des Verkehrs- und Baustellenlärms nicht länger zuzumuten sei. „Die zentrale Lage war immer unser großes Plus im Wettbewerb der Schulen“, assistiert Bucks Kollege Marcus Förstermann. Auch der Hochbegabtenzug an der Schule mit seinem weit über die Stadtgrenzen hinaus reichenden Einzugsbereich bedinge die zentrale Lage mit der Nähe zum Hauptbahnhof.

Dass nun ausgerechnet die bildungspolitisch sonst so engagierte SPD-Landtagsfraktion die Idee propagiert, das Schulgebäude zum neuen Verwaltungstrakt der Staatstheater umzuwidmen, habe auch bei den Schülern Unverständnis ausgelöst. „Der Standort gehört zur Identität der Schule. So eine andere Umgebung kann man woanders nicht herstellen“, sagt Schülersprecher Armin Heydari, und sein Kollege Felix Schröter formuliert es kurz und prägnant: „Wir bleiben hier.“

Die Kultusministerin gilt als Fürsprecherin

Tatsächlich weiß Schulleiter Baur auf der politischen Ebene diverse Entscheidungsträger hinter sich: Von OB Fritz Kuhn, Baubürgermeister Peter Pätzold (beide Grüne) und Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) hat er sich Rückendeckung geholt, und auch Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) gilt als Fürsprecherin. Doch Baur hat auch gemerkt, wie der Einfluss von Wieland Backes und seinen Mitstreitern auf die künftige Ausgestaltung der Kulturmeile wächst. Gegen das Aufgebot an Promis, Architekten und Kulturschaffenden setzt die Schule Tradition, Geschichte – und nicht zuletzt den Willen zur Kooperation: Im kommenden Jahr feiert das Gymnasium sein 200-jähriges Bestehen. Für Lehrer Josef Buck wäre eine Verlagerung der Schule ein Offenbarungseid für die politisch Verantwortlichen: „Wenn man für Neubauten im Bereich der Kultur das Königin-Katharina-Stift oder den Oberen Schlossgarten zur Debatte stellt, dann offenbart das ein gestörtes Verhältnis zur Identität der Stadt.“

Und Kathrin von Vacano betont, dass der Schulstandort ideal dafür sei, gerade jungen Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft Kultur in ihren verschiedenen Ausprägungen nahezubringen: Kultur, sagt sie, sei schließlich „nicht nur etwas für die Halbhöhenlage“.