Die Investoren versichern: Das Einkaufszentrum Agnes wird gebaut. Der Rohbau werde bald beginnen. Doch viele Stadträte sind entnervt – wegen der vielen Verzögerungen und weil sie inzwischen ohnehin Wohnungsbau vorziehen würden.

Göppingen - Darüber, dass die Stadt kein Einkaufszentrum mehr braucht und besser Wohnungen gebaut würden, sind sich alle einig. Die Fraktionen schwanken dennoch zwischen Lob und Kritik für einen Vorstoß der Stadtspitze. Der Oberbürgermeister Guido Till und der Baubürgermeister Helmut Renftle haben den Investoren, die das Einkaufszentrum Agnes bauen wollen, nahegelegt, weniger Ladenfläche und mehr Wohnungen zu bauen. Und sie haben ihnen angeboten, die Stadt könne das 100-Millionen-Euro-Projekt auch von ihnen übernehmen.

 

Einige Stadträte berichten nun hinter vorgehaltener Hand, dass die Investoren wohl ohnehin nicht mehr beabsichtigten, das Einkaufszentrum fertigzubauen. „Die pokern doch nur, um den Preis hochzutreiben“, mutmaßt einer. Denn ein Großteil der Mieter sei abgesprungen, von 70 Prozent vermieteter Fläche könne nicht die Rede sein. Außerdem werde der Kaufhof – der wichtigste Mieter – womöglich bald schließen. Der CDU-Fraktionschef Felix Gerber formuliert vorsichtiger: „Es gibt ein gewisses Misstrauen, ob tatsächlich so viel vermietet ist. Es ist alles absolut undurchsichtig.“

Investoren weisen Gerüchte zurück

Die Investoren weisen diese Gerüchte ausdrücklich zurück. „Wir haben einen gültigen Mietvertrag mit Kaufhof und keinerlei Informationen, die auf eine Schließung des Standorts hindeuten“, schreibt Felix Schenavsky. Außerdem seien „die meisten unserer Handels- und Gastronomieflächen vermietet“. Die Vermietung der verbleibenden Flächen schreite „sehr gut“ voran.

Dafür, dass die Investoren tatsächlich fest entschlossen sind, ihr Projekt wie geplant weiterzuführen, spricht auch, dass sie vor einigen Wochen den Auftrag für den Rohbau an die Firma Leonhard Weiss vergeben haben. „Leonhard Weiss steht in den Startlöchern und Agnes wird bereits in den nächsten Wochen anfangen in die Höhe zu wachsen“, schreibt Schenavsky. Die Firma Leonhard Weiss bestätigt, dass die Verträge unter Dach und Fach sind.

Manche bemängeln, der Vorstoß der Verwaltung sei zu spät gekommen

Deshalb weist Horst Wohlfahrt (FDP/FW) auch daraufhin, dass es nicht so einfach sei, so ein Großprojekt zurückzudrehen. „Jetzt zu bremsen, ist der ungeeignetste Zeitpunkt.“ Zwar hätten die vielen Verzögerungen auch seiner Fraktion missfallen und man frage sich auch, ob ein Einkaufszentrum wirklich noch zeitgemäß sei. „Aber es ist Sache der Investoren, das zu entscheiden.“ Seiner Meinung nach sei der Vorstoß der Stadt schlicht drei bis fünf Jahre zu spät gekommen.

Auch der SPD-Chef Armin Roos kritisiert, dass viele Stadträte schon lange ein Gespräch mit den Investoren gefordert hätten und die Stadt zu spät reagiert habe. Das Gespräch sei wohl eher eine „Alibiveranstaltung“ gewesen, um Stadträte und Bürger zu beruhigen. Zumal es überhaupt kein Konzept gebe, wie die Stadt das Projekt finanzieren könnte, wenn die Investoren es tatsächlich abgeben würden.

Investoren bieten an, im zweiten Bauabschnitt 60 Wohnungen zu bauen

Auch die Grünen bemängeln, dass ihre Vorschläge – etwa zu einer Reduzierung der Einkaufsflächen – jahrelang ignoriert worden seien und die Kehrtwende zu spät komme. Der Fraktionschef Christoph Weber fordert nun, Investoren, Stadtplanung und Stadträte an einen Tisch zu bringen.

Felix Gerber hält das Vorgehen der Stadtspitze hingegen für sinnvoll, ebenso wie der Lipi-Fraktionschef Christian Stähle. „Und wenn sie nur erreicht haben, dass es jetzt zügiger vorangeht“, sagt Gerber. Schon das fehlende Parkhaus sei „eine kleine Katastrophe“ für die Stadt. „Uns würde es sehr freuen, wenn Schenavsky überraschend neue Pläne vorlegen würde.“

Das ist allerdings eher unwahrscheinlich. Die Investoren bekräftigen, dass der erste Bauabschnitt des Agnes an der Bleichstraße wie geplant gebaut werde. Zu den Verzögerungen sei es unter anderem gekommen, weil die Betonplatte im Untergrund vier mal so dick gewesen sei wie auf den Unterlagen des früheren Frey-Gebäudes angegeben gewesen sei, erläutert Schenavsky. „Auch wir hätten uns eine zügigere Umsetzung gewünscht. Doch im Baugrund stecken manchmal Überraschungen.“ Er wiederholt auch das bereits an die Stadt gemachte Angebot, im zweiten Bauabschnitt an der Geislinger Straße bis zu 60 Wohnungen statt wie geplant ein Hotel zu bauen.