Der Gemeinderat ergreift das Heft des Handelns und zeigt einem Preisgericht die Grenzen auf. Das kann auch einmal gut sein, sagt Lokalredakteur Josef Schunder.

Stuttgart - Man kann es kaum anders als Machtprobe nennen, was sich am Dienstag im Rathaus abgespielt hat. Sie drehte sich darum, wer bei der Auswahl des architektonischen Konzepts für das Gelände zwischen Eberhard-, Stein- und Geißstraße das Sagen hat. Die Kommunalpolitik zeigte dem Preisgericht, wo der Hammer hängt. Der Gemeinderat könne und dürfe sich nicht irgendeiner Juryentscheidung verpflichten, sagte Alexander Kotz. In der Demokratie müsse die Politik das letzte Wort haben.

 

Alter Automatimus reicht nicht mehr

Das klingt nach Hochmut. Und in der Tat ist der CDU-Fraktionschef auf den Geschmack gekommen, spielt gern die Macht aus, die ihm zufällt. Normalerweise wird man auch von Unbehagen beschlichen, wenn der Gemeinderat ästhetische Urteile fällen will. Natürlich ist die fachliche Kompetenz grundsätzlich besser in Preisgerichten und im Städtebauausschuss angesiedelt. Doch so einfach ist es hier nicht. Die Qualitäten des vom Preisgericht gekürten Entwurfs erschließen sich allenfalls bei sehr hartnäckigem Hinschauen – wenn überhaupt. Da ist also Vermittlungsarbeit vonnöten, und die Zuständigkeit für Bebauungspläne liegt halt einmal beim Gemeinderat. Zudem sind auch schon mit tätiger Hilfe von Preisrichtern Bausünden entstanden, die lang beklagt werden. Schließlich hat die Bürgerbeteiligung, die in der repräsentativen Demokratie bei Gewählten anfängt, heute einen höheren Stellenwert als früher. Auf den alten Automatismus zu pochen, dass immer gebaut wird, was die Jury will, reicht nicht mehr.