Dass die Prälaten gegen den Beschluss der Landessynode aufstehen, zeigt die Zerrissenheit der evangelischen Kirche, meint Lokalredakteur Martin Haar.

Stuttgart - Die Sache gärt weiter. Wenige in der Landeskirche wollen sich mit dem knappen Votum der Herbstsynode gegen eine öffentliche Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren abfinden. Nun mag man überrascht sein, dass dieser Kampf für die Rechte von Homosexuellen mit unverminderter Hartnäckigkeit geführt wird und nun alle vier Prälaturen der württembergischen Landeskirche erfasst hat. Man fragt sich: Was macht diese Sache so besonders?

 

Die Antwort greift tief. Es geht um mehr als nur die Rechte einer Gruppe innerhalb der Kirche. Die Schwulen und Lesben stehen stellvertretend für alle, die in dieser Kirche ausgegrenzt werden. Dies mögen nicht viele sein. Aber es gibt sie. Beispielsweise eine promovierte Pfarrerin aus Stuttgart, die als Predigerin abgelehnt wird, nur weil sie eine Frau ist.

Die Gesellschaft denkt mehrheitlich anders

Ähnliches erlebt auch Prälatin Gabriele Arnold. Weil sie als Schirmherrin des Christopher-Street-Days zum Symbol einer Bewegung geworden ist, wird sie von konservativen Teilen der Stiftskirchengemeinde geschnitten. All das sind Erfahrungen, die viele Menschen verletzen und frustrieren. Sie passen nicht mehr in eine Zeit, in der die Politik mit der Entscheidung für die Ehe für alle längst andere Maßstäbe gesetzt hat.

Diese Gesellschaft ist mehrheitlich anders. Sie denkt, lebt und glaubt anders, als es die Evangelikalen für richtig halten. Diese Diskrepanz zwischen dem Kirchenvolk und den Konservativen erkennen jetzt immer mehr Funktionsträger. Sie stehen nun auf. Nicht nur weil sie sich gegen Ausgrenzung einsetzen. Viel mehr, weil sie sich ernste und berechtigte Sorgen um die Zukunft einer Kirche machen, die für sich in Anspruch nimmt, eine Kirche für alle zu sein.