Bevorzugt Grün-Rot die Gemeinschaftsschulen, weil dorthin mehr Mittel fließen als in andere Schularten? Das behauptet die CDU. Jetzt hat die Regierungskoalition Zahlen vorgelegt und hält der Opposition vor, mit Märchenzahlen zu operieren.

Stuttgart - Es ist schon fast ein Mantra der oppositionellen CDU. Die grün-rote Landesregierung bevorzuge ihr Lieblingskind, die Gemeinschaftsschule, kritisiert Georg Wacker, der bildungspolitische Sprecher der CDU, regelmäßig. Die Schulart sei besser ausgestattet und deutlich teurer. Das führe zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen, etwa mit der Realschule.

 

Kürzlich hat Wacker vorgerechnet, ein Gemeinschaftsschüler koste den Steuerzahler zweieinhalb mal so viel wie ein Realschüler und mehr als doppelt so viel wie ein Gymnasiast. „Solange Grün-Rot den pädagogischen Mehrwert der Gemeinschaftsschule nicht bewiesen hat, müssen sie sich den Vorwurf der puren Steuerverschwendung gefallen lassen“, trumpfte Wacker auf. Jetzt kontern Grüne und SPD mit neuen Zahlen, die der StZ vorliegen. Danach liegt der Unterschied in den Personalkosten zwischen Gemeinschafts- und Werkrealschule bei genau 50 Euro.

Das seien die einzig korrekten und „die Märchen-Zahlen der CDU zur Gemeinschaftsschule“ damit entkräftet, erklären die Bildungsexperten Sandra Boser (Grüne) und Stefan Fulst-Blei (SPD) der StZ. Die Zahlen unterscheiden sich gewaltig. Die CDU beruft sich auf den Kultusetat und geht bei Gemeinschaftsschülern von 7000 Euro Personalkosten plus 1175 Euro Sachkostenzuschuss aus. Demgegenüber rechnen Grüne und SPD mit Personalkosten von 5830 Euro. Bei den Sachkosten gibt es keine Differenz.

Gewaltige Unterschiede

Die Personalkosten für einen Gymnasiasten beziffert das Regierungslager auf 5400 Euro, die CDU geht von 3600 Euro aus. An den Realschulen liegen die Personalkosten pro Schüler Grün-Rot zufolge bei knapp 4000 Euro, die CDU spricht von 2800 Euro. Die neuen, meist höheren Zahlen beziehen Grüne und SPD aus einer aktuellen Antwort des Kultusministeriums auf ihre entsprechende Landtagsanfrage.

Zur Besoldung würden noch Beihilfeleistungen und eine Pensionsrücklage addiert, erklärt Stoch in der Antwort. Das mache einen Zuschlag von 34,4 Prozent der Besoldung aus. Das unterscheide die Personalkosten von den Personalausgaben und entspreche der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes, teilt Stoch mit. Die CDU führe „ihren verbissenen Kampf gegen die Gemeinschaftsschule mit falschen Zahlen“, folgern Boser und Fulst-Blei.

Das Ministerium lehnt einen Kostenvergleich der Schularten ab. Stoch verweist darauf, dass die Kosten pro Schüler im wesentlichen von drei Faktoren abhängen: der Besoldung der Lehrer, der Klassengröße und der Anzahl der Unterrichtsstunden. Je mehr die Lehrer verdienen, und je mehr Unterricht erteilt wird, desto höher sind die Kosten pro Schüler. Bei größeren Klassen sinken die Kosten pro Schüler.

Etwas mehr Lehrer

Allerdings räumt Stoch ein, dass Gemeinschaftsschulen etwas besser mit Lehrern ausgestattet sind. So entfielen auf einen Gemeinschaftsschüler 1,59 Lehrerwochenstunden, auf einen Realschüler aber nur 1,38. Diese Differenz komme durch unterschiedliche Stundenpläne zusammen, erklärte Sandra Boser. Sie verweist darauf, dass sich der Unterschied im kommenden Schuljahr verringern werde. Dann sollen die Realschule weitere Stunden für die individuelle Förderung bekommen. Es ist die Rede von insgesamt sechs so genannten Poolstunden.

Nicht berücksichtigt sind dabei die Ganztagsangebote der Gemeinschaftsschule und die Ressourcen für die Inklusion. Das macht für Boser den großen Unterschied zwischen den Schulformen aus. Das wiederum lässt Georg Wacker nicht gelten. Der Ausbau des Ganztagsangebots sei keineswegs auf Gemeinschaftsschulen begrenzt, auch etwa die Hälfte der Haupt- und Werkrealschulen seien Ganztagsschulen. In der Rechnung des Ministeriums gibt es auch nur einen geringen Kostenunterschied zwischen Werkreal- und Gemeinschaftsschule: Es beziffert die Personalkosten für die Werkrealschule auf 5780 Euro. Die CDU dagegen kalkuliert mit 4200 Euro. Die Opposition fordert nun eine Kurskorrektur. Grün-Rot will keine weiteren „Mathematikspielchen“ und verlangt, „auch die CDU sollte sich auf eine Debatte über Inhalte einlassen“.