Debatte um Kulturmeile und Steg in Stuttgart Beim Publikum fällt das goldene Band durch

Trotz wenig Sympathien für seinen Steg-Vorschlag über die Kulturmeile: Die Idee des Architekten Werner Sobek macht deutlich, wie groß der Bedarf nach raschen Lösungen zur Überwindung der Verkehrsschneise B 14 ist.
Stuttgart - Für Werner Sobek wäre der Dienstagabend im Stadtmuseum kein erfreulicher gewesen. Doch der Stuttgarter Bauingenieur und Architekt war nicht anwesend, als die Rede auf sein goldenes Band, also den kunstvoll geschwungenen Fußgängersteg über die B 14, kam.
Ein Großteil der anwesenden Zuhörer bei der Diskussion über die Zukunft der Kulturmeile und der Umgestaltung der Verkehrsschneise quittierte allein schon die Erwähnung des Entwurfs mit höhnischem Gelächter. Und in der Runde der am Tisch versammelten Vertreter von Bürgerinitiativen und Fachverbänden gab es nicht einen einzigen, der Sobeks Idee oder Vision verteidigen wollte – im Gegenteil.
Auch bei Aufbruch Stuttgart gibt es keine Unterstützung für Sobeks Steg-Idee
Nicht nur Sobeks Berufskollege Thomas Herrmann von der Stuttgarter Architektenkammer hatte sich am Morgen nach eigenen Angaben „verwundert die Augen gerieben“, als er die Sobeksche Variante eines Überwegs nebst Erläuterungen des Urhebers der Zeitung entnommen hatte. Der frühere Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) verkniff sich zwar jeden Kommentar, doch aus seinem Mienenspiel war leicht zu ersehen, was er von dem goldenen Band hält, das Sobek mit Unterstützung des Staatsministeriums als Vorschlag in die Debatte um die Kulturmeile eingebracht hatte.
Herrmanns Satz, man habe doch vor nicht allzu langer Zeit mit maßgeblicher Unterstützung von Sobek den Fußgängersteg an fast gleicher Stelle abgerissen, erhielt jedenfalls mit Abstand den meisten Applaus vom Publikum – und auch Matthias Hahn klatschte dazu kräftig Beifall. Und nicht einmal beim Verein Aufbruch Stuttgart, dem Sobek immerhin als Gründungsmitglied angehört, fanden sich Fürsprecher für die Steg-Variante.
Immerhin: Der Sobek-Steg hat eine Debatte wiederbelebt, die in der Landeshauptstadt seit Jahrzehnten geführt wird. Die Frage, wie nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer die Kulturmeile überwinden können, wurde von den Diskutanten nahezu einhellig beantwortet: Ebenerdige Überwege und nicht Brücken oder Stege sind die Zukunft.
Martin Körner, SPD-Fraktionschef im Rathaus. erntete ebenfalls viel Beifall der Zuhörer mit seiner Forderung, möglichst rasch eine ebenerdige Fußgängerfurt zwischen Eugenstraße und Oper einzurichten. Die Grünen-Fraktion legte am Mittwoch nach: Die Partei, die sich schon seit den 1990er Jahren und zuletzt 2003 für eine oberirdische Querung der Kulturmeile stark gemacht hatte, forderte in einem Antrag die Verwaltung auf, bis Anfang kommenden Jahres Vorschläge für die Realisierung eines Fußgängerüberwegs just an der von Martin Körner benannten Stelle vorzulegen. Zur Begründung heißt es: „Vorbei sind die Zeiten, dass Fußgänger in Unterführungen ausweichen müssen, um Straßen mitten in der Stadt überwinden zu können.“ Man müsse die trennende Wirkung der Straße schnellst-möglich mildern. Ob dem Vorstoß diesmal Erfolg beschieden ist, bleibt abzuwarten.
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