Mit zuletzt 34 Zweitligaeinsätzen ist Pascal Stenzel beim VfB eine gesetzte Größe. Dennoch scheint es dem Außenverteidiger an Wertschätzung zu mangeln – obwohl er vieles mitbringt, was ihn wertvoll macht.

Sport: Philipp Maisel (pma)

Stuttgart/Kitzbühel - Er verrichtet seinen Job auf dem Spielfeld immer solide, spielt oft gut - steht aber selten für das Spektakuläre. Eben das, wofür das man im Fußball besonders geliebt wird. Pascal Stenzel, ist auch außerhalb des Platzes ein ruhiger Vertreter seiner Zunft. Während einige der VfB-Kollegen mit PS-starken Luxuskarossen vorfahren, kommt Stenzel in einem eher unauffälligen Kleinwagen daher.

 

Im vergangenen Sommer wurde der Defensivmann vom SC Freiburg zunächst leihweise verpflichtet, etablierte sich aber nicht nur prompt in der Startelf des VfB; er war auch gleich Teil des letztjährigen Mannschaftsrats. Lange war die Position des Rechtsverteidigers beim VfB eine Baustelle – Stenzel hat sie geschlossen.

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Dennoch scheint es dem Ostwestfalen ein wenig an Wertschätzung zu mangeln. Wenn der 24-Jährige am Ball ist, wird auf den Tribünen schon mal hörbar gestöhnt. Noch rauer ist das Echo in den teils berüchtigten Internet-Fanforen – spöttische Spitznamen wie „Querpasscal Stenzel“ setzt es dort zuweilen.

Der Abwehrspieler allerdings schiebt derlei Kritik beiseite. „Ich schaue nicht in Foren oder in soziale Netzwerke. Ich glaube, das würde mich mehr belasten, als dass es mir helfen würde. Die Leute sind so, wie sie sind. Wichtig ist, was auf dem Platz stattfindet und was der Trainer von einem verlangt. Wenn ich keine Qualitäten hätte, dann hätte ich letzte Saison nicht 34 Spiele gemacht“, sagt Stenzel, den im Team alle bloß „Kalle“ rufen.

Pascal Stenzel genießt intern hohe Wertschätzung

Intern ist er über die Zweifel erhaben. „Dass Pascal bei uns eine hohe Wertschätzung genießt, zeigt allein die Tatsache, dass er jetzt unser erster Transfer war. Wir kennen seine Wertigkeit fürs Team – sowohl innerhalb der Kabine als auch auf dem Spielfeld. Er ist kein spektakulärer, aber ein extrem schlauer Spieler. Und er ist polyvalent, kann in der Defensive alle Positionen spielen“, sagt VfB-Sportchef Sven Mislintat - und reibt sich angesichts der Zahlen, die für Stenzel sprechen, die Hände.

In der abgelaufenen Saison war kein anderer Spieler im VfB-Kader an mehr Ballbesitzphasen (2447) und Torschüssen (174) beteiligt als der bei Arminia Bielefeld und Borussia Dortmund ausgebildete Defensivspieler. Auch im Ligavergleich sind dies absolute Top-Werte.

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„Er hat die Magie des Unauffälligen. Er macht seinen Job einfach sehr gut. Gerade der Aspekt, wie ein Ball von hinten heraus nach vorn getragen wird – das klingt unspektakulär, ist aber das Entscheidende“, ordnet Sportwissenschaftler Steffen Görsdorf ein, der für das „Institut für Spielanalyse“ Datensätze von Fußballspielen auswertet. „So einen Spielertypen im Kader zu haben, ist Gold wert. Hinten sicher stehen und den Ball lang nach vorne schlagen, das können viele. Wer aber auch noch Fußball spielen kann, der hebt sich auf dieser Position ab“ ergänzt Görsdorf.

Pascal Stenzel ist ein Crunchtime-Faktor

Was obendrein für Stenzel spricht: Kein anderer VfB-Profi hatte in der abgelaufenen Runde in der „Crunchtime“, der Spielphase ab der 75. Minute, mehr Beteiligungen an Szenen, die letztlich zum Torerfolg führten. Bei sieben von insgesamt 19 Toren hatte Stenzel seine Füße im Spiel.

Darauf angesprochen, reagiert der Rechtsverteidiger so, wie er auch spielt: unaufgeregt. „Ich sehe meine Stärke schon darin, aktiv zu sein, um die Bälle dann zu verteilen.“ Dass er in der Wahrnehmung oft etwas unter dem Radar fliegt, ficht ihn nicht an. Er sei eben „nicht der Spieler, der über die Schnelligkeit, über sein Flügelspiel, über das Eins-gegen-Eins“ besonders hervorsteche. Dies sind Bereiche, in denen er noch Steigerungspotenzial sieht. Stenzel will seine Vorwärtsbewegung zukünftig griffiger gestalten. Mislintat präzisiert: „Mehr Punch und Zielstrebigkeit“ auf dem Weg nach vorn seien die Bereiche, in denen sich Stenzel noch entwickeln müsse.

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Abzuwarten bleibt, ob und wie Stenzel diese Leistungen nun auch im Fußball-Oberhaus bestätigen kann. Gelingt es ihm, sich in der Bundesliga zu behaupten, „wäre dies viel wert“, meint Mislintat, der weiß, dass ihm bei einer Ablösesumme von 1,3 Millionen Euro dann ein richtiges Schnäppchen gelungen wäre. Stenzel ist sich sicher, dass der VfB in der Bundesliga mithalten kann. Allerdings müsse man „diesen Bock, den wir mit dem Ball haben, auch gegen den Ball entwickeln. Wenn uns das gelingt, dann können wir die Gegner vor Probleme stellen.“ Forsche Töne sind dies für einen, der sonst eher unauffällig agiert.