Nach einer beispiellosen Suchaktion ist der am 18. Januar vermisste Wallach Tarik aus Oberndorf ertrunken im Wehr des Wasserkraftwerks Deizisau gefunden worden. Das Pferd war etwa 100 Kilometer flussabwärts getrieben.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Eine der größten Suchaktionen nach einem Pferd, die je in Deutschland unternommen wurden, hat jetzt ein trauriges Ende genommen. Der in Oberndorf am Neckar vermisste knapp 22 Jahre alte Wallach Tarik ist am Montagfrüh etwa 100 Kilometer flussabwärts am Deizisauer Wasserkraftwerk gefunden worden.

 

Er war am 18. Januar verschwunden, als das Sturmtief Friederike über Deutschland hinwegzog, Dächer abdeckte, Bäume zum Umstürzen brachte und Tiere in Panik versetzte. Tarik war in einer kleinen Herde auf einer Koppel im Oberndorfer Stadtteil Aistaig direkt am Neckar gestanden.

„Normalerweise ist das Wasser dort nur knöcheltief“, berichtet Thomas Mandler von der Tierrettung Zollernalb, aber nach dem Sturmtief sei das Wasser drei Meter hoch gestanden. Offenbar sei das Tier in Panik geraten und habe vermutlich aufgrund seines hohen Alters falsch reagiert. Denn die übrigen Tiere der kleinen Herde überstanden die Sturmnacht, Tarik jedoch muss ins Wasser gelaufen und von der Flut mitgerissen worden sein.

Die Wasserschutzp0lizei bis nach Holland alarmiert

Die Besitzerin Larissa Glitscher aus Dornhan ließ nichts unversucht, um ihr geliebtes Tier wiederzufinden. In zahlreichen Posts in der Internet-Plattform Facebook bat sie um Unterstützung bei der Suche. Sie alarmierte die Wasserschutzpolizei bis nach Holland, sie schrieb die Verwaltungen der umliegenden Gemeinden an, sie bewegte die Bevölkerung zu einer Suchaktion. Zusammen mit 50 Helfern unter Einsatz von Drohnen und Suchhunden wurden die Wälder rund um den Oberndorfer Stadtteil Aistaig und das Neckarufer durchkämmt. Kräftig unterstützt wurden sie von den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Tierrettung Zollernalb. Doch alles ohne Erfolg.

Larissa Glitscher versuchte sich damit abzufinden, dass ihr geliebtes Tier tot sein könnte. Aber die Ungewissheit blieb. Viele Postings bei Facebook drückten der 27-jährigen Sozialpädagogin ihr Mitgefühl aus und sprachen ihr Mut zu. Sie richtete ein Spendenkonto ein und versuchte, einen Suchhubschrauber mit einer Wärmebildkamera aus der Schweiz zu organisieren. Bevor jedoch das Geld beisammen war, kam die Nachricht, dass der Wallach tot im Neckar gefunden worden war.

Das Tier wurde von Mitarbeitern des Wasserkraftwerks Deizisau mit einem Kran geborgen, berichtet Dagmar Jordan, von der EnbW-Pressestelle. Dass ein Körper mehr als 100 Kilometer durch den Neckar treibt, sei bei einem Hochwasser nichts Ungewöhnliches, sagt der Göppinger Polizeipressesprecher Roland Fleischer, der für die Wasserschutzpolizei zuständig ist. Das Stuttgarter Wasser- und Schifffahrtsamt sieht es ähnlich. „Das Sturmtief Friederike hat ein Fünfjahreshochwasser verursacht“, erklärt der Leiter Walter Braun. Bei einem solchen Hochwasser würden noch viel größere Objekte mitgerissen, sogar ganze Bäume. Außerdem würden bei einem extremen Hochwasser die Wehre geöffnet, um Überschwemmungen zu vermeiden.

Tarik war sehr kinderlieb

Larissa Glitscher hatte den Wallach 15 Jahre lang gehabt, für sie ein halbes Leben. Gekauft hat den Traber ihre Mutter, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Einen Traum, den Larissa Glitscher weiter geträumt hat. Zwar hatte das Pferd Asthma, aber es hatte sich in der guten Luft am Rand des Schwarzwalds zusehends erholt. Tarik war ausgesprochen kinderlieb, weswegen ihn die Pädagogin auch als Therapiepferd für Kinder einsetzte. Oft seien die Kinder in einer Meute um ihn herum gestanden, hätten sich gefreut und ihn versorgt, sagt Larissa Glitscher.

Zusammen mit Thomas Mandler und einer Freundin trat sie am Montag den schweren Gang nach Deizisau an, um den Wallach zu identifizieren. Das Geld, das sie für den Hubschrauberflug gesammelt hatte, will sie den Spendern entweder zurückzahlen oder es einer Tierschutzorganisation zukommen lassen. Am Donnerstag wird Tarik eingeäschert.