Medizinerin Regine Bölter und Rechtsexpertin Katja von Goetze-Siegle geben Auskunft. Auszüge aus der Telefonsprechstunde.

Leonberg - Wie erkennt man die Krankheit? Und wie sorgt man als Betroffener und Angehöriger richtig vor? Diese und andere Fragen stellten die Leser der Leonberger Kreiszeitung an die Ärztin Regine Bölter und Katja von Goetze-Siegle vom Betreuungsverein Fish. Die beiden Expertinnen haben sich die Anliegen der Leser notiert. Hier finden die LKZ-Leser häufig gestellte Fragen und die Antworten darauf: Regine Bölter ist Altersmedizinerin am Krankenhaus Leonberg.

 

Frau Bölter, ist es wirklich Demenz?

Die Möglichkeit, selbst an einer Demenz zu leiden, verunsichert sehr. Die Vorstellung, Vater oder Mutter werden dement, belastet einen ebenfalls. Die Vermeidung einer ärztlichen Abklärung kann dazu führen, dass eine behandelbare Erkrankung unerkannt bleibt. Suchen Sie Ihren Hausarzt auf. Hier können Sie Ihre Sorgen äußern. Die meisten Hausärzte bieten das „hausärztliche-geriatrische Basisassessment (GBA)“ an. Das GBA bezeichnet kurze Untersuchungen in Hinblick auf Selbsthilfefähigkeit, Mobilität, geistige Leistungsfähigkeit und Gefühle. Gezielt kann ein Test zur geistigen Leistungsfähigkeit durchgeführt werden.

Regine Bölter Foto: privat

Hausarzt und Neurologe empfehlen widersprüchliches Vorgehen. Wie kann das sein und was soll ich tun?

Hausärzte und Neurologen nehmen Patienten unterschiedlich wahr, der eine im häuslichen Alltag der andere als medizinischer Spezialist.

Für die Therapieentscheidung werden insgesamt drei Gesichtspunkte berücksichtigt: neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Studien, die Wünsche des Patienten und die medizinische Erfahrung des Arztes. Dadurch kommen Hausärzte und Neurologen gelegentlich zu unterschiedlichen Empfehlungen. Bitten Sie bei unterschiedlichen Empfehlungen, dass sich beide Ärzte abstimmen. Eine Möglichkeit kann es sein, nach einem halben Jahr erneut zu schauen, wie das Medikament vertragen wurde, ob sich der Patient damit besser fühlt oder die Bezugsperson ihn emotional gelassener erlebt. Es kann auch ein erneuter Test helfen, den Nutzen der Therapie zu bewerten.

Mein Tipp: Eine frühzeitige Abklärung von Symptomen, die Sie in Verbindung mit einer beginnenden Demenz bringen, ist anzuraten.

Wen kann ich bevollmächtigen?

Frau von Goetze-Siegle, kann ich mehrere Personen bevollmächtigen? Meine Tochter kennt sich mit Behörden und Anträgen besser aus, mein Sohn versorgt mich regelmäßig. Wie kann ich das in einer Vollmacht lösen?

Sie können mehrere Kinder bevollmächtigen oder beispielsweise auch Ihren Ehegatten und Ihre Kinder. Dann müssen Sie überlegen, ob die Bevollmächtigten „je einzeln“ oder gemeinsam handeln sollen. Um die Handlungsfähigkeit im Rechtsverkehr zu gewährleisten, empfehle ich die Einzelvertretung.

Schwierig könnte es sonst auch werden, wenn sich die Bevollmächtigten nicht einig sind. Sie könnten Ihren Kindern verschiedene Aufgabenbereiche übertragen und das in der Vollmacht regeln. So kann sich Ihre Tochter um Ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten kümmern, Ihr Sohn ist für Gesundheitsfragen verantwortlich.

Katja von Goetze-Siegle Foto: privat

Was ist, wenn ich niemanden habe, dem ich vollständig vertrauen kann?

Dann kommt eine Betreuungsverfügung in Betracht. Darin kann jeder im Voraus festlegen, wen das Gericht als Betreuer bestellen soll, wenn das mal notwendig werden sollte. Das kann auch ein Familienangehöriger oder Bekannter sein, aber auch der Betreuungsverein. Dieser wird dann, anders als der Bevollmächtigte, vom Betreuungsgericht überwacht und ist rechenschaftspflichtig. Die örtlichen Betreuungsvereine stehen für deren Beratung jederzeit zu Verfügung. Es ist ihre Aufgabe, Bevollmächtigten und familiären Betreuern bei ihrer Arbeit zu helfen und sie zu unterstützen.

Kann ich die Kosten für eine notarielle Beurkundung sparen?

Ich empfehle die notarielle Beurkundung, wenn die Vollmacht den Kauf oder Verkauf einer Immobilie umfasst. Andernfalls sollte die Vollmacht mindestens öffentlich beglaubigt sein, zum Beispiel durch die Betreuungsbehörde beim Landratsamt Böblingen, Kosten zehn Euro. Mein Tipp: Besprechen Sie frühzeitig Ihre Wünsche und Vorstellungen mit Ihren Angehörigen. Reden Sie offen mit Ihren Vertrauenspersonen. Nur so können Sie gewährleisten, dass später alles in Ihrem Sinne und Ihrem Willen entsprechend geregelt wird.