Mehr als 4000 Teilnehmer haben am Samstag in Stuttgart gegen die Corona-Regeln der Regierung demonstriert. Auffallend viele Teilnehmer protestierten mit Schildern gegen einen Impfzwang.

Stuttgart - An der fünften „Mahnwache Grundgesetz“ der Initiative „Querdenken 711 – Stuttgart“, die sich gegen die Einschränkung der Grundrechte zum Gesundheitsschutz während der Corona-Pandemie ausspricht, haben am Samstagnachmittag auf dem Cannstatter Wasen nach Auskunft der Polizei mehr als 4000 Demonstranten teilgenommen. Der Veranstalter und Gründer der Initiative, der Stuttgarter IT-Unternehmer Michael Ballweg, spricht von 5000 Teilnehmern. Rund die Hälfte war erwartet worden.

 

Unter die Teilnehmer der „Mahnwachen“ hatten sich zuletzt Aktivisten aus dem rechten Spektrum gemischt. Zu Beginn der Veranstaltung, die seitens der Stadt unter strengen Gesundheitsschutzauflagen genehmigt worden war, kam es zu Gegenprotesten durch linke Gruppierungen. Die Polizei, die mit rund 200 Einsatzkräften vor Ort die Demonstration sicherte, drängte kurzfristig die linken Gegendemonstranten ab. Nach kurzer Zeit hatte sich die Lage wieder beruhigt.

Polizeisprecher Stephan Widmann sprach im Anschluss von einer insgesamt ruhigen Veranstaltung. Konfliktteams der Polizei waren auf dem weitläufigen Wasengelände während der Kundgebung unterwegs. Zwischen den Demonstranten musste der Mindestabstand von eineinhalb Metern eingehalten werden, wobei die Teilnehmer in Gruppen von maximal zwei Personen stehen durften. „Wir setzen bei diesen Kontrollen auf Kommunikation“, so Widmann. „Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, weshalb geringe Verstöße gegen das Abstandsgebot nicht sofort zu einem Abbruch der Veranstaltung führen.“

Familien mit Kindern protestieren mit

Wie an den Autokennzeichen auf dem Wasen-Parkplatz zu erkennen war, kamen die Demonstranten aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus. „Wir denken, dass die Maßnahmen zum Schutz gegen das Coronavirus derzeit einfach zu weit gehen“, äußerte zum Beispiel ein 20-jähriger Lehrling, der eigens aus Frankfurt nach Stuttgart angereist war, um an der Kundgebung teilzunehmen. „Auf das Ende des Lockdowns können wir nicht warten, bis es einen Impfstoff gibt.“

Unter den Demonstranten waren auch zahlreiche Familien mit Kindern, die ihren Unmut über die Einschränkungen im Alltag äußerten. „Wir wollen wieder in die Schule“, sagte zum Beispiel die 12 Jahre alte Sophie Eisenhardt, die mit ihrer Mutter und ihrem Bruder aus Rottweil nach Stuttgart gekommen war.

Mutter Sigrun Eisenhardt machte ihren Ärger darüber Luft, dass viele Wissenschaftler, die sich für eine rasche Lockerung aussprechen, derzeit mundtot gemacht würden. Auffallend: Zahlreiche Transparente und Schilder, die an diesem Nachmittag auf dem Wasen zu sehen waren, sprachen sich gegen Impfzwang aus.

Zeitweise war es auf dem Platz zu Verwirrung darüber gekommen, ob Mundschutzmasken erlaubt seien oder gegen das Vermummungsverbot verstießen. Einige Ordner, von denen viele erst spontan während der Veranstaltung rekrutiert wurden, verlangten das Absetzen der Masken, obwohl diese genehmigt waren. Insgesamt trugen auffallend wenige Teilnehmer eine Schutzmaske.

In seiner Rede betonte Michael Ballweg, dass Schweden als mögliches Modell für einen anderen Umgang mit der Epidemie Vorbild sein könne. „Wieso können wir das nicht diskutieren“, fragte er. Er könne auch nicht verstehen, wieso bereits heute das Volksfest abgesagt wurde, wenn es erst in fünf Monaten stattfinde. Von der Rednertribüne wurden immer wieder Audiosequenzen wie ein „Welt“-Interview mit dem Hochschulprofessor Stefan Homburger eingespielt, in dem er den Lockdown als unberechtigt darstellt.

Neben Ballweg sprach der Leipziger Anwalt Ralf Ludwig von der Partei „Widerstand 2020“, die sich erst vor kurzem gegründet hat. „Ich denke, dass von Stuttgart ein großes Signal in die Bundesrepublik und ganz Europa geht“, sagte Ludwig, der die Selbstverantwortung des Einzelnen in der Pandemie betont. Ballweg rief am Ende der Kundgebung Initiativen in ganz Deutschland dazu auf, am kommenden Samstag Großdemonstrationen abzuhalten. Auch auf dem Cannstatter Wasen soll, vorausgesetzt die Genehmigung werde erteilt, am 9. Mai wieder demonstriert werden.