Demo in Stuttgart Aktivisten protestieren gegen Aufrüstung

Für eine „neue globale Entspannungspolitik“ haben am Samstag bei einer Kundgebung des Friedenstreffs Stuttgart-Nord gut hundert Teilnehmer auf dem Stuttgarter Marktplatz demonstriert.
Stuttgart - Im Rahmen des bundesweiten Aktionstages der Initiative „Abrüsten statt aufrüsten“ haben sich am Samstag etwa 100 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Marktplatz zusammengetan.
Ralf Chevalier vom Friedenstreff Stuttgart-Nord machte eingangs deutlich, warum es gerade jetzt dringend erforderlich sei, „gegen deutsche Aufrüstung“ das Wort zu erheben: „Noch vor Weihnachten soll der Bundeshalt für 2021 verabschiedet und damit der Rüstungsetat um 50 Milliarden Euro weiter erhöht werden.“ Er betonte, dass der offizielle Begriff Verteidigungshaushalt „den wahren Sachverhalt verschleiert, denn tatsächlich handelt es sich um einen Rüstungshaushalt“.
In Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren sagte Chevalier: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“, was von der Versammlung, die sich unter Einhaltung der Corona-Regeln auf dem ganzen baustellenfreien Rathausvorplatz verteilte, mit starkem Beifall bedacht wurde.
Jürgen Wagner von der „Informationsstelle Militarisierung Tübingen“ unterstrich, dass es gelte „Zeichen zu setzen gegen die stetige Steigerung der Ausgaben für die Bundeswehr“. Dass diese „unterfinanziert“ sei und „kaputtgespart“ werde, nannte er „systematische Propaganda“: „Tatsächlich wurde der Etat von 24,3 Milliarden Euro im Jahr 2000 mit 45.1 Milliarden in diesem Jahr inzwischen fast verdoppelt und soll nun um fast zwei Milliarden Euro weiter steigen.“
Forderung nach Lockdown für Aufrüstung
Daraus schloss er: „Deutschland ist auf Rüstungskurs“, wozu er auch perspektivische „Großprojekte“ wie die Anschaffung einer „Euro-Drohne, eines neuen Kampfpanzers und von Kampfflugzeugen“ zählte, wobei allein für Panzer und Flugzeuge 100 beziehungsweise 500 Milliarden Euro erforderlich würden. Wagner forderte einen „Lockdown für Rüstung und Kriegsgerät“. Nötig sei eine „neue Entspannungspolitik“. Man dürfe sich „nicht Russland und China als neue Feindbilder suggerieren lassen“.
Einmal mehr nahm sich Henning Zierock von der „Gesellschaft des Friedens“ Africom und Eucom vor, die Kommandozentralen der US-Army in Stuttgart-Möhringen und -Vaihingen. Africom sei „essenziell für die Drohnen-Kriegsführung in Afrika, die unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung läuft“. Tatsächlich diene der von Möhringen gesteuerte Drohneneinsatz „der Sicherung von wirtschaftlichen Ressourcen“, was sogar auf der Website der US-Army so benannt werde. Die Wirkung sei destabilisierend für afrikanische Länder und treibe Fluchtbewegungen an. Vom künftigen Stuttgarter Frank Nopper sei zu fordern, „dass er zum Stopper wird für diese gegen das Grundgesetz und gegen Völkerrecht verstoßende Angriffe“.
Auch Sidar Carman vom Verdi-Bezirk Stuttgart beklagte, dass „weltweit ein neuer Rüstungswettlauf im Gang“ sei, wobei die Bundesrepublik bei den Militärausgaben an siebter, bei den Rüstungsexporten sogar an vierter Stelle liege. Sie forderte, dass „Deutschland eine Friedensmacht statt einer Rüstungsmaschine“ werden müsse. Stattdessen rollten aber „deutsche Panzer im Dienste autokratischer Regime“. Anstatt in „Aufrüstung und Drohpotentiale“, müsse in „öffentliche Daseinsvorsorge, in soziale Dienstleistungen, Kitas und Schulen und in eine existenzsichere Rente investiert“ werden. Die Gewerkschaftlerin schloss: „Statt Kanonen und Krieg brauchen wir einen Feldzug gegen Hunger und Ausbeutung.“
Mit Blick auf die Kundgebung für Julian Assange, die am Sonntag zwischen 14 und 17 Uhr vor dem Kunstmuseum Stuttgart stattfindet, erklärte ein Redner: „Es kann nicht sein, dass diejenigen im Gefängnis sitzen, die Kriegsverbehen aufdecken und nicht diejenigen, die sie begehen.“
Unsere Empfehlung für Sie

Kampf gegen das Coronavirus in der Region Stuttgart Jetzt wird auch im betreuten Wohnen geimpft
Der Betrieb in den zwei Zentralen Impfzentren in Stuttgarter hat sich eingespielt. Die Zweitimpfungen in Altenpflegeheimen der Region haben begonnen. Und auch im betreuten Wohnen gibt es jetzt den Piks. Nur gibt es immer noch viel zu wenig Impfstoff. Das soll sich erst im Februar ändern.

Tierischer Fahndungsfall in Stuttgart Das Rätsel um das herrenlose Pferd ist gelöst
Wie ein geflüchteter Wallach in Degerloch für Aufregung sorgte – und was erfahrene Polizeireiter zu solchen Zwischenfällen sagen.

Klimaschutz in Stuttgart Klimaneutralität kostet die Stadt 600 Millionen Euro
Die Landeshauptstadt will mit der Sanierung ihrer eigenen Gebäude den Vorreiter beim Klimaschutz geben. Bis 2030 soll der Kohlendioxidausstoß gegenüber 1990 um mehr als 95 Prozent reduziert werden. Vor allem beim Thema Wärmeerzeugung aus regenerativer Energie hapert es derzeit noch gewaltig.

Ausgedünnte Gewerbeaufsicht in Stuttgart Musterland für Ignoranz
Die Gewerbeaufsicht soll das Homeoffice kontrollieren. Dabei fehlt nicht nur in Stuttgart Personal für die wichtigen Aufgaben, wie etwa die Überwachung gefährlicher Baustellen, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgarts Hunger nach neuem Genuss Ein Baustellenbesuch im neuen Restaurant von Timo Hildebrand
Die Erwartungen sind hoch. Mit großer Vorfreude reagiert das Netz auf den Plan von Ex-Torwart Timo Hildebrand und Künstler Tim Bengel, das vegane Restaurant vhy! zu eröffnen. Ein Besuch auf der Baustelle im Stuttgarter Westen.

Stuttgart trotz(t) Corona Ihre Bilder in der Kategorie „Leben“
In eigener Sache: Wir zeigen Fotografien unserer Leserinnen und Leser vom Lockdown – hier aus den Bereichen Leben, Gesundheit, Medizin, Masken-Alltag.