Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

In dieselbe Kerbe schlägt bei der inzwischen vierten Kundgebung auch Hubert Weiger, der Vorsitzende des Naturschutzverbandes BUND. Es gebe ohnehin kaum noch Zölle zwischen der EU und den USA, mithin sei ein solcher Vertrag so überflüssig wie schädlich, stellt Weiger fest: „Diese Geheimverhandlungen müssen nicht nur gestoppt, sondern beendet werden.“ Immer wieder wird nach solchen Forderungen das Motto der Demonstration skandiert: „Wir haben es satt“, schallt es dann über den Platz vor dem Kanzleramt – die industrielle Landwirtschaft, Billigexporte, Gentechnik oder eben das Abkommen.

 

Bauernverband und Bundeslandwirtschaftsminister Hans Peter Friedrich wollen bei einem Abkommen auf den europäischen Standards für alles, was aus Stall und vom Acker kommt, bestehen. Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Alexander Bonde lehnt ein Abkommen zwar nicht rundweg ab, sieht aber nicht nur Gefahren für die Landwirtschaft: „Ein Abkommen muss gewährleisten, dass eine demokratischen Gesellschaft ihre Rechte wahrnehmen kann“, verlangt Bonde. „Das Verfahren muss transparenter gemacht werden.“ Das Recht der europäischen Verbraucher, so befürchtet der Landwirtschaftsminister aus dem Südwesten, könne ausgehebelt werden – etwa dadurch, dass Gentechnikkonzerne mit Schadenersatz drohen, sollte Europa ihnen trotz vereinbartem freiem Handel den Zugang auf lukrativ erscheinende Märkte verwehren. „Irritiert“ nimmt Bonde denn auch zur Kenntnis, „dass Friedrich bei der Gentechnik wackelt“; zum Auftakt der Grünen Woche“ hatte der Minister erklärt, die Bundesregierung habe dazu „noch keine abschließende Meinung“. „Amerika führt diese Verhandlungen nur, weil die USA sich einen Marktzugang für Gensaaten erhoffen“, meint Jan Plagge, der Präsident von Ökoerzeugerverband Bioland. Über Lebensmittel und Landwirtschaft sollte im Rahmen des Abkommens „überhaupt nicht verhandelt werden“, verlangt Plagge. Er will mit dieser Forderung nicht nur US-Gentechnik auf dem europäischen Markt verhindern: Importe, so befürchtet er, könnten die Tür für die Anwendung von Gentechnik weiter öffnen, nach dem Motto: „Wenn uns die Amerikaner beliefern dürfen, können wir es auch gleich selbst machen.“ In den USA ist der Widerstand gegen die Gentechnik nicht sonderlich ausgeprägt. Dennoch gibt es auf der Kundgebung, auf der auch die „Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall“ für eine andere Agrarpolitik wirbt, aus den USA die Bitte um Hilfe: In vielen Staaten werde versucht, eine lokale Landwirtschaft als Gegenstück zu den Agrarkonzernen aufzubauen, sagt eine aus den USA eingeflogene Aktivistin: „Ein Freihandelsabkommen macht dies zunichte.“