Und das ist auch der Grund, warum sie sich über die Entscheidung des Finanzamts nicht so richtig freuen kann. Denn das Grundproblem der Debatte, mit dem alles begann, ist dadurch nicht beseitigt.
Begonnen hat die Debatte Ende des Jahres 2019. Damals befand das Ludwigsburger Finanzamt, die soziokulturelle Einrichtung dürfe sich nicht gemeinnützig nennen, weil sie die Voraussetzungen dafür nicht erfülle. Salopp formuliert, begründete das Finanzamt seine Entscheidung damit, dass im Demoz radikale Sichtweisen verbreitet würden. Mit gemeinnütziger politischer Bildung habe dies nichts zu tun. Weniger salopp formuliert, argumentierte die Behörde, dass die politische Bildung nicht in „geistiger Offenheit geführt“ werde. Als Beleg nannte sie die Nutzung durch anarchistisch und antikapitalistisch gesinnte Gruppen. Und es störte sich daran, dass das Demoz per Satzung Personen von Veranstaltungen ausschließt, „die rechtsextremen Parteien oder der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder die durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind“.
Für das Demoz bedeutete das zum einen finanzielle Einbußen. Mit dem Bescheid des Finanzamtes ging dem chronisch klammen Verein nämlich der Zuschuss des Landes verloren. Einschließlich dieses Jahr sind das rund insgesamt 12 000 Euro. Zum anderen war mit dem Bescheid auch die ideelle Grundlage für Arbeit im Demoz entzogen. Denn plötzlich war nicht mehr gewiss, welche Aktivitäten problemlos möglich sind.
Untätigkeitsklage bringt Bewegung
Dass sich das Ludwigsburger Finanzamt überhaupt mit dem kleinen Verein befasst, liegt am Bundesfinanzhof. Dieser hatte 2019 entschieden, dass die Nichtregierungsorganisation Attac politische Ziele verfolge und deshalb nicht gemeinnützig sei. Das oberste Gericht für Steuer- und Zollthemen bestätigte damit die Haltung des Frankfurter Finanzamts. Dieses hatte Attac die Gemeinnützigkeit entzogen, was letztlich auch das Demoz traf. Der Verein hat zwar Widerspruch eingelegt. Schwierig wurde die Arbeit trotzdem, weil plötzlich nicht mehr gewiss war, welche Aktionen noch erlaubt sind, um die Gemeinnützigkeit nicht endgültig zu verlieren.
Anfang dieses Jahres schließlich, nach Monaten der Ungewissheit, reichte das Demoz beim Finanzgericht in Stuttgart eine Klage gegen das Finanzamt ein – wegen Untätigkeit. Und damit kam Bewegung in die Angelegenheit. Im Frühjahr fand ein Treffen mit Vertretern der Finanzverwaltung statt, inklusive Oberfinanzdirektion. „Das war ein Riesending“, sagt Yvonne Kratz. Und am Ende gab es eine Vereinbarung, die dazu führt, dass sich das Demoz nun wieder gemeinnützig nennen darf. Womöglich kann es für dieses Jahr sogar noch den Zuschuss des Landes bekommen. Von einer Lösung jedoch mag Yvonne Katz nicht sprechen. Denn wie stark sich das Demoz politisch engagieren darf, ist nach wie vor nicht geklärt.
Das Finanzamt schweigt
Diese Frage, so schildert es Yvonne Kratz, habe beim Gespräch mit den Finanzexperten gar keine Rolle gespielt. Stattdessen hätten sich diese auf ein paar formale Kritikpunkte konzentriert. So müssen externe Gruppen, die das Demoz für ihre Veranstaltung mieten, zehn Euro Gebühr für die Ankündigung im Veranstaltungskalender bezahlen. Überdies müsste die Mietzahlung exakt geregelt und sorgfältig dokumentiert werden. „Das hätte man doch von Anfang an klar klären können“, sagt Yvonne Kratz.
Das Ludwigsburger Finanzamt selbst äußert sich unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu diesem Sinneswandel.
Sarah Lincoln von der Gesellschafts für Freiheitsrechte (GFF) findet umso deutlichere Worte: „Der Fall zeigt, dass eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts dringend notwendig bleibt.“ Die GFF hat die Ludwigsburger unterstützt, da sie dem Fall grundsätzliche Bedeutung beimisst. Kleine, lokal tätige Initiativen leisteten einen unverzichtbaren Beitrag in einer lebendigen Demokratie. Eine gänzlich haltungsfreie Auseinandersetzung sei dabei kaum möglich.
Verein zieht Klage zurück
Das Bundesfinanzministerium hat inzwischen zwar klargestellt, dass sich gemeinnützige Vereine zu politischen Themen äußern dürfen. Die Grenze sei erst überschritten, wenn sie sich in Dienst einer Partei stellt oder parteipolitisch agiert. Doch das, sagt die Juristin Lincoln, reiche nicht. Es brauche mehr Klarheit.
Das Finanzgericht in Stuttgart wird dazu nichts beitragen. Zur Verhandlung wird es nicht mehr kommen, da das Demoz seine Untätigkeitsklage zurückgezogen hat. Auch dies, so Yvonne Kratz, sei eine Forderung des Finanzamts gewesen.