Nach gut einem Jahr in türkischer Haft kommt der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel frei – vorerst. Die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, in der vom Gericht akzeptierten Anklageschrift fordere der Staatsanwalt bis zu 18 Jahre Haft.

Istanbul - Trotz der angeordneten Freilassung von Deniz Yücel soll in der Türkei ein Strafverfahren gegen den „Welt“-Korrespondenten eröffnet werden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, das 32. Strafgericht in Istanbul habe die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft am Freitag angenommen. Die Staatsanwaltschaft fordere darin wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ zwischen vier und 18 Jahre Haft.

 

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Zugleich habe das Gericht die Freilassung Yücels aus der Untersuchungshaft angeordnet, meldete Anadolu weiter. Das ist kein unübliches Verfahren in der Türkei: Gerichte können zu Beginn eines Verfahrens oder auch davor die Freilassung von Verdächtigen aus der Untersuchungshaft verfügen.

Ausreisesperre gegen Yücel?

Im vergangenen Oktober war der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner am ersten Tag seines Prozesses aus der Untersuchungshaft entlassen worden - ohne dass eine Ausreisesperre verhängt wurde. Steudtner konnte das Land am Tag darauf verlassen. Das Verfahren gegen Steudtner in Istanbul läuft weiter. Im Dezember war die deutsche Journalistin Mesale Tolu aus der U-Haft entlassen worden. Gegen sie wurde allerdings eine Ausreisesperre erlassen.

Anadolu machte keine Angaben dazu, ob im Fall Yücels eine Ausreisesperre verhängt wurde. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagte am Freitag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz allerdings, er rechne fest damit, dass Yücel nach seiner Freilassung sehr bald aus der Türkei ausreisen dürfe.