Ein Sichtschutz in der Siedlung am Viergiebelweg passt laut Denkmalschützer nicht ins Bild. Deshalb soll er weg.

S-Nord - Bernadette und Hans-Erich Rall sind aus allen Wolken gefallen, als Sie das Schreiben vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung erhalten haben. Die Denkmalschützer der Behörde sind der Meinung, dass der neue Sichtschutz samt Tor vor dem Gebäude Birkenwaldstraße 187 nicht ins Bild der denkmalgeschützten Viergiebelweg-Siedlung passt. Deshalb haben sie angeordnet, dass er bis zum kommenden Frühjahr weg muss. Zulässig sei vor dem Gebäude, dass auch zu Viergiebelweg-Siedlung gehört, ein maximal ein Meter hoher Zaun mit Kreuzgitter. „Kommen wir der Anordnung nicht nach, werden 1000 Euro Zwangsgeld fällig“, sagt Rall. Nachvollziehen kann er die Entscheidung nicht.

 

Bis zum vergangen Frühjahr diente eine zwei Meter hohe Hecke an einem Maschendrahtzaun als Sichtschutz. Weil die abgestorben war, ersetzten die Ralls sie durch den 1,60 Meter hohen Sichtschutz aus Holz. „Dazu hat uns sogar die Polizei geraten“, sagt Bernadette Rall. Der Hintergrund: Vor einigen Jahren wurde im Haus des Ehepaars eingebrochen – am helllichten Nachmittag. „Als wir von unserer Radtour zurückkamen, war vom Keller bis zum Dachboden alles aus Schränken und Schubladen rausgerissen. Der Familienschmuck und Bargeld waren weg“, sagt die 67-Jährige, die noch heute Angst hat, ihr Haus zu betreten, wenn sie und ihr Mann weg waren. „Das war damals ein so enormer Schock, dass ich mich vermutlich nie mehr so sicher wie vor dem Einbruch fühlen werde.“

Ein erster Widerspruch wurde bereits abgelehnt

Erbaut wurde die denkmalgeschützte Siedlung am Viergiebelweg 1922 bis 1926, also kurz vor der nur wenige Meter entfernten Weißenhofsiedlung, die 1927 entstand. Wie die Weißenhofsiedlung ist auch die Viergiebelweg-Siedlung typisch für das minimalistische, aufs Wesentliche konzentrierte neue Bauen. Die gesamte Siedlung steht unter Ensembleschutz. „Wir sind davon ausgegangen, dass sich der Ensembleschutz nur auf die Gebäude bezieht und nicht auf den Zaun“, sagt Hans -Erich Rall und gibt zu bedenken, dass die Straße an seinem Haus vorbei auch nicht mehr in dem Zustand wie vor 100 Jahren ist. „Sie wurde einen Meter höher und einen Meter näher an unser Haus gelegt. Bei einem nur ein Meter hohen Zaun kann uns jeder auf den Teller gucken – und vor allem sieht er, ob wir zu Hause sind oder nicht“, sagt der 71-jährige. Außerdem sind direkt vor seinem Haus quer zur Straße stehende Stellplätze. Rall: „Beim Ein- und Ausparken werden die Abgase direkt zu uns geblasen. Auch dagegen wollen wir uns schützen“

Den ersten Widerspruch der Ralls gegen die Entscheidung, dass der Sichtschutz weg muss, wurde vom Unteren Denkmalschutz bereits abgelehnt. Die Denkmalschützer der Stadt argumentieren, dass die Anordnung angemessen und verhältnismäßig sei. Ob ein zweiter Widerspruch erfolg hat? Die Ralls hoffen es, da es bei solche Entscheidungen ja immer auch einen Ermessensspielraum gebe und ihr Sichtschutz immerhin 10 000 Euro gekostet habe. „Wenn der wirklich ersetzt werden muss, würde uns finanziell hart treffen. Denn zu den 10 000 Euro kommen Kosten für den Abriss und einen neuen Zaun“, stellen die Ralls fest.