Das Gebäude im Stuttgarter Osten ist in desolatem Zustand. Gerade dies könnte der Stadt nun in den anstehenden Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer PDI helfen: Da die Villa unter Denkmalschutz steht, kann die Behörde die Erhaltung des Denkmals fordern.

Stuttgart - Mit welchem Kartenspiel sich König Karl und dessen Ehefrau Olga an dunklen Winterabenden in ihrem Königsschloss, der Villa Berg, die Zeit vertrieben haben, ist nicht bekannt – vielleicht war es Bridge oder Ecarté. Heute dagegen spielen OB Fritz Kuhn und Investor Mathias Düsterdick eher Poker – um die Villa Berg. Denn seit öffentlich wurde, dass Düsterdick, der Geschäftsführer von Property Development Investors GmbH (PDI), die Villa und die Fernsehstudios gekauft hat, obwohl er dort kein Baurecht besitzt und obwohl die Stadt die Villa in eigener Regie sanieren und die Studios abreißen will, fragt sich der interessierte Beobachter schon, wer eigentlich welches Blatt auf der Hand hat – und wer vielleicht nur blufft.

 

Zum Pokerspiel gehört, dass man sich nicht in die Karten schauen lässt. Auch jetzt hat die Stadt deshalb nur auf den Gesprächstermin mit PDI am 30. Januar verwiesen, und Düsterdick ist nach wie vor für die Medien nicht erreichbar und gibt keine Auskunft. Die Stadt könnte aber, wenn es nicht zu einer schnellen Einigung mit PDI kommt, auf ein Blatt setzen, das zunächst unscheinbar anmutet: den Denkmalschutz.

Eigentümer muss ein Kulturdenkmal erhalten

Denn nach dem baden-württembergischen Denkmalschutz ist ein Eigentümer verpflichtet, ein Kulturdenkmal „im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten“. Bisher hat die Untere Denkmalschutzbehörde, die zur Stadtverwaltung gehört, bei der Villa Berg keine großen Auflagen gemacht, da das Gebäude Konkursmasse war und von einem Insolvenzverwalter betreut wurde. Das könnte sich jetzt ändern, denn PDI ist ein florierendes Immobilienunternehmen. Und der Zustand der seit 2007 leer stehenden Villa Berg ist desolat: Außen sind viele Friese und Fenstersimse regelrecht weggebröckelt, an den Stützmauern zeigen sich Risse und Verwerfungen, auf den Dächern wachsen schon kleine Bäumchen und innen dringt durch das Erdreich Feuchtigkeit ein und beschädigt Mauern und Böden.

Die SPD im Stuttgarter Osten, die sich schon lange für die Villa engagiert, hat gestern im Bezirksbeirat einen entsprechenden Antrag gestellt. Darin wird die Stadtverwaltung aufgefordert, „unverzüglich mit dem neuen Eigentümer der Villa Berg Kontakt aufzunehmen, um mit ihm abzuklären, welche bestandserhaltenden Sofortmaßnahmen von ihm getroffen werden müssen, um seiner gesetzlichen Pflicht zur Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes nachzukommen.“

Im schlimmsten Fall ist sogar eine Enteignung zulässig, wenn die Erhaltung „auf andere Weise nicht gesichert werden kann“, heißt es im Gesetz. Unterm Strich könnten also auf Mathias Düsterdick nicht unerhebliche laufende Kosten und einiger Druck zukommen, ohne dass derzeit eine Option erkennbar ist, wie er Villa und Fernsehstudios verwerten kann – aber vielleicht ist die Antwort auf diese Frage ja gerade Düsterdicks Option.

Auch die Stadt steht unter Druck, denn sie will die Villa kaufen

Klar ist jedenfalls, dass die Stadt Stuttgart ein Interesse daran hat, die Villa zu erwerben; auch möchte sie die schon fast zehn Jahre währende Hängepartie um das Areal schnell beenden. OB Fritz Kuhn steht deshalb ebenfalls unter Druck, zumal im vergangenen Jahr der Eindruck erweckt worden war, man werde die Villa für den Symbolpreis von einem Euro erhalten. Davon kann vorerst keine Rede mehr sein. Wie viel PDI für Studios und Villa bezahlt hat, ist unbekannt. Es werden zwar viel weniger gewesen sein als die 8,5 Millionen Euro, die immer als Kaufpreis bei Baurecht kursiert waren. Aber PDI hat nichts zu verschenken, schon gar nicht an die Stadt, die PDI im vergangenen Jahr mit ihrem Grundsatzbeschluss den Laufpass gegeben hatte.

Eine mögliche Full-House-Chance im wahren Sinn des Wortes für PDI wäre, wenn sie plötzlich ein Radio- oder Fernsehunternehmen aus dem Ärmel zaubern könnte, das die ehemaligen Fernsehstudios nutzen wollte. Im Flächennutzungsplan sind die Studio-Flächen als Gemeinwohl-Flächen ausgewiesen, mit einer Nutzungsmöglichkeit für Funk und Fernsehen. Sollte Düsterdick einen solchen Nutzer an der Hand haben, müsste die Stadt wohl passen.

Die Villa verfällt stark, denn seit sieben Jahren steht sie leer

Verlierer in diesem Pokerspiel ist bis jetzt die Villa Berg, die zunehmend verfällt. Mancher Stadtrat ärgert sich in dieser Situation übrigens über einen ganz anderen Spieler, der schon lange ausgestiegen ist: den SWR. Er hat Studios und Villa 2007 für viele Millionen Euro an Rudi Häussler verkauft und damit einen Teil des Neubaus an der Neckarstraße finanziert. Beim Fernsehturm rufe der SWR gerne nach finanzieller Unterstützung der Stadt, heißt es aus dem Gemeinderat. Umgekehrt habe sich der SWR aber auf französisch verabschiedet, als es darum ging, die denkmalgeschützte Villa Berg zu sanieren.

Diese Aufgabe hängt jetzt allein an der Stadt. Mal sehen also, wie gut ihr Blatt wirklich ist. Den Einsatz zahlt auf jeden Fall der Steuerzahler.