Dennis Aogo vom VfB Stuttgart weiß, was es heißt, an einer Fußball-Weltmeisterschaft teilzunehmen: 2010 war er in Südafrika dabei. Was davon bleibt? Von der Nationalelf komme man nie ganz weg, sagt er im Gespräch über Druck, Glauben, Sinnsuche und materiellen Erfolg.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Bei kaum einem anderen Profi des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart dürfte der Unterschied zwischen der Inszenierung in den sozialen Medien und dem Auftreten in einem längeren Gespräch so unterschiedlich sein wie bei Dennis Aogo. Für Instagram schießt der 31-Jährige lustige Selfies im Aufzug. Im Interview überrascht der gebürtige Karlsruher schließlich mit ungewöhnlichen Ansichten zu den Themen Religion, materieller Erfolg und zum Sinn des Lebens.

 
Herr Aogo, kann es sein, dass Sie der aktuell mutigste VfB-Spieler sind?
Wie kommen Sie denn darauf?
Weil Sie in Karlsruhe geboren und beim KSC groß geworden sind. Mit einem badischen Migrationshintergrund hat man es beim VfB nicht leicht, dachte ich.
Das ist bisher kein Thema gewesen. Ich bin schon im Jahr 2000 aus Karlsruhe weg, meine Familie lebt zwar noch dort, ansonsten ist mein Bezug zu der Stadt aber nicht mehr ganz so groß. So lange man Leistung bringt, sollte die Herkunft ohnehin nicht im Vordergrund stehen.
Apropos Leistung: Per Mertesacker hat kürzlich erklärt, wie sehr er unter dem Druck als Fußballprofi gelitten hat. Wie kommen Sie damit klar?
Der Schlüssel liegt darin, so viel es geht über sich selbst herauszufinden: Wie bin ich gestrickt, wie bin ich aufgewachsen, woher könnte es kommen, dass ich in einer bestimmten Situation Angst verspüre? Wenn man das für sich herausgefunden hat, weiß man, dass Angst eine Art Illusion ist. Eine Empfindung, die daher kommt, dass man vor Jahren auf eine gewisse Art programmiert wurde. Wenn ich das verstanden habe, schaffe ich es erstens, diese Angst nicht mehr ganz so ernst zu nehmen, und zweitens, die Anspannung in etwas Positives umzuwandeln.
Sie glauben an Gott. Hilft Ihnen Ihr Glaube bei Ihrer Selbstreflektion?
Ja. Ich habe vor jedem der mittlerweile fast 400 Spiele, die ich in meiner Profikarriere auf dem Platz gestanden bin, gebetet. Aber unabhängig vom Sport erdet mich der Glaube auch im privaten Leben. Ich glaube fest daran, dass es eine höhere Instanz gibt und ich nicht alles selbst in der Hand habe.
Woher kommt Ihre intensive Auseinandersetzung mit sich selbst?
Durch meinen Werdegang, denke ich. Ich hatte keine einfache Kindheit, war schon relativ früh auf mich alleine gestellt und dazu gezwungen, viele Dinge mit mir selber auszumachen.
Haben Sie in dieser Zeit Selbstvertrauen im eigentlichen Wortsinne gelernt?
Jein. Man lernt, dass man sich auf sich selbst verlassen kann, weil man einen Weg gegangen ist, der nicht einfach war. Man weiß, dass man schon viele Dinge alleine geschafft hat, so dass man auch andere Aufgaben packen kann. Dennoch ist es schöner, Emotionen mit anderen Menschen teilen zu können.