Im deutschen Fußball sind die Vereine geschockt über den Krieg – und den WM-Qualifikationsspielen gegen Russland droht der Boykott.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Robert Lewandowski ist bekannt als vorbildlicher Profifußballer, der sich auf seine Kernkompetenz konzentriert: Tore schießen. Sein Körper ist zu 100 Prozent gestählt, auch dank seiner Ehefrau Anna, die als ehemalige Karatekämpferin vom Fach ist und ihren Mann als Fitnessexpertin und Ernährungsberaterin tatkräftig unterstützt. Ein lauter Star ist Lewandowski eher nicht. Die zum Teil fast schüchtern anmutende Zurückhaltung des Polen lässt ihn bisweilen auch sympathisch wirken.

 

Nun, da Putins Russland diesen fürchterlichen Krieg in der Ukraine führt, macht Robert Lewandowski seine Haltung deutlich und geht auch in politischer Hinsicht in die Offensive. Beim 1:0-Sieg der Bayern in Frankfurt trug er eine Kapitänsbinde in den Nationalfarben Blau und Gelb der Ukraine – ein starkes Symbol der Solidarität war das. Doch dabei wollte es die Münchner Tormaschine, die gegen Frankfurt ausnahmsweise Mal nicht traf, keineswegs bewenden lassen - so hatte der Bayern-Kapitän später noch klare Worte zu sagen. „Wir sind alle gegen Krieg und haben nicht gedacht, dass es so weit kommt. Das zu sehen, tut weh“, teilte der Toptorjäger der Bundesliga mit und appellierte an die Länder dieses Planeten: „Die Lage ist dramatisch, und die gesamte Welt muss die Ukraine unterstützen.“

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Die Fußballwelt wendet sich auch international von Russland ab – und auch da sprach Lewandowski klare Worte. Polen, Tschechien und Schweden wollen nicht gegen das russische Team um die WM-Teilnahme spielen. Russlands Fußballer und Fans seien nicht verantwortlich für die Kriegstreiberei des Staatspräsidenten Wladimir Putin. Aber man könne nicht so tun, als ob nichts passiert sei, sagte Lewandowski und bekräftigte: „Ich kann mir nicht vorstellen, zu einem Spiel gegen das russische Team anzutreten, während sich die Aggression in der Ukraine fortsetzt.“

Es waren starke Zeichen, die Lewandowski ausgesandt hat. Der Sport könne sich da jetzt nicht herausnehmen, meinte der 33 Jahre alte Stürmer noch, „wir dürfen nicht akzeptieren, was dort passiert“. Seine Haltung und auch sein Mut, sie so klar zu artikulieren, war beeindruckend. Auch der Bayern-Trainer Julian Nagelsmann äußerte sich. „Ich habe mir nicht ausmalen können, dass das in Europa in diesem Ausmaß passiert. Das ist schrecklich. Ich habe selten Angst, aber in diesem Fall schon“, zeigte sich Nagelsmann besorgt.

Gegen den Krieg

Die Kapitänsbinde und die Boykottankündigung von Lewandowski waren markante Signale eines diesmal ganz anderen Bundesligaspieltags. Doch waren es nicht die einzigen. Auf den Plätzen gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen und -aktionen für die ukrainische Bevölkerung. Vor dem Anpfiff wurde in allen Stadien eine Schweigeminute eingelegt. Und so versammelten sich etwa die Teams des VfB Stuttgart und der TSG 1899 Hoffenheim hinter einem gemeinsam entwickelten Banner, auf dem die Logos der beiden Vereine zu sehen waren und in den ukrainischen Farben die beiden Sätze standen: „Stop War. Wir gegen Krieg.“ Im Stadion der SpVgg Greuther Fürth wurde ebenfalls solch ein Banner ausgerollt. Aber auch auf den Rängen machten die Fans deutlich, was sie von der Invasion Russlands in die Ukraine halten. „Krieg ist dumm – du wirst niemals alleine gehen“, lautete die Botschaft auf einem Plakat.

Die große Anteilnahme an dem Schicksal der Ukrainer führte in der Bundesliga auch zu einer Solidaritätsbekundung der besonderen Art. Zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 existiert eine Rivalität wie kaum woanders in Europa. Doch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprang in Anbetracht der schrecklichen politischen Situation über seinen Schatten und bot finanzielle Hilfe für Schalke an, falls die Knappen durch eine Kündigung ihres langjährigen Sponsorenvertrags mit dem umstrittenen russischen Hauptsponsor Gazprom in Schwierigkeiten kommen sollten.

„Schmutziges Geld“

Nach Russlands Angriff hatte Schalke 04 angekündigt, nicht mehr mit dem Schriftzug des Hauptsponsors aufzulaufen – und so war es dann auch am Samstag. Er sei sehr froh, betonte Watzke, dass die neue Führung jetzt klar Haltung beweise. Diese könne am Ende nur darin münden, dass man dieses Sponsoring beende. „Und wenn es dazu dann auch der Solidarität der anderen Clubs in Deutschland bedarf, um sie aus dieser Situation einigermaßen gut herauszuführen, dann müssen wir darüber diskutieren, wie wir das hinkriegen können“, sagte Watzke in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Fußball Liga.

Auch die Uefa wird wohl ihren millionenschweren Gazprom-Deal aufkündigen. „Das ist jetzt schmutziges Geld. Da muss man ganz klar sagen, in jeder Richtung, das darf es nicht mehr geben, das dürfen wir nicht mehr annehmen“, sagte Watzke.