Kalkulierte Pannen beim Gottesdienst gab es schon im 16. Jahrhundert – der Pfarrer sollte seine Gemeinde im Gottesdienst zum Lachen bringen – das Osterlachen symbolisierte sozusagen den Sieg über den Tod.

Meßkirch - Pfaffe Adrian Dornvogel wähnte sich im siebten Himmel. So inbrünstig und laut hatte die Gemeinde schon lange nicht mehr das „Christ ist erstanden“ geschmettert, wie an diesem Ostersonntag des Jahres 1514 in der voll besetzten Stadtkirche zu Meßkirch. Gelungen war ihm dieses Meisterstück mit einem simplen Trick: während seiner Osterpredigt hatte er zunächst den männlichen Teil der Gottesdienstbesucher aufgefordert, all jene, die zuhause unangefochten das Regiment führten, sollten nun sofort das Lied „Christ ist erstanden“ anstimmen. Maulfaul, wie Männer gemeinhin zu sein pflegen, wenn es um das freiwillige Singen geht, tat sich jedoch gar nichts – worauf der clevere Dornvogel dieselbe Aufforderung an die Frauen richtete. Und die hatten anscheinend nur darauf gewartet und sangen aus Leibeskräften – womit also klar erwiesen war, wer im jeweiligen Haus das Sagen hatte. 1:0 für die Frauen.

 

Was darauf folgte, war ein ohrenbetäubendes Gelächter. Und der Pfaffe konnte zufrieden sein, hatte er doch seine Aufgabe, die Gemeinde während des Ostergottesdienstes kräftig zum Lachen zu bringen, brillant erfüllt. Die Männer freilich waren stinksauer, wie uns die epochale „Chronik der Grafen von Zimmern“ berichtet, sodass „wegen des Singens ein solcher Unfrieden in der Bürgerschaft entstand, dass noch viel Schlimmeres zu befürchten war.“ Deshalb hat Gottfried Werner von Zimmern (der Patronatsherr der Kirche) „für die Zukunft nachdrücklich verboten, derartige Späße auf der Kanzel zu treiben.“

Es war nicht der einzige Kummer, den das traditionelle Ostergelächter den Herren von Zimmern bescherte. So berichtet die Chronik um die selbe Zeit von der peinlichen Entgleisung eines Pfaffen namens Blasius in der Kirche von Herrenzimmern, der sich am Ostersonntag dazu verstiegen hatte, den Auferstandenen mit den Worten zu charakterisieren: „Christus ist wahrhaftiglich auferstanden als ein wahrhafter Gott. Er ist frei, so frei als wie ein Aff!“ Über den Erfolg dieser Bemühungen heißt es kopfschüttelnd: „Es wollten sich die Bauern krank lachen. In Summa: wie der Pastor, so waren auch seine Schafe im Dorf, die er weiden sollte!“

Luther lehnte das Ostergelächter ab

Gelächter im Gottesdienst?! Und dann ausgerechnet am Ostersonntag?! Ja, das gab es – jahrhundertelang sogar. Vor allem in Süddeutschland war es seit dem ausgehenden Mittelalter nicht nur üblich, sondern sogar eine Art Verpflichtung, dass der Pfarrer im Ostergottesdienst von der Kanzel herunter einen Witz gerissen hat. Und zwar einen möglichst deftigen, damit seine Gemeinde auch richtig was zum Lachen hatte. Was zunächst wie eine Geschmacklosigkeit klingt, das hatte freilich einen theologischen Hintergedanken: es ging darum, die Botschaft von der Auferstehung so anschaulich wie möglich an die Gemeinde weitergeben zu können, die ja gerade noch vom Kreuztod Jesu hatte hören müssen. Am Ende der langen Fastenzeit sollte das befreiende Ostergelächter den Sieg über den Tod symbolisieren, die Wiederauferstehung. Und die Kirchenbesucher sollten sich die Angst vor dem Sterben damit schlicht von der Seele lachen dürfen.

Das hat natürlich nicht immer einwandfrei geklappt, weshalb Theologen wie der Reformator Martin Luther das Ostergelächter als „närrisch lächerliches Geschwätz“ gebrandmarkt haben. Mit verständnislosem Grausen hat er Berichte von Kollegen zur Kenntnis nehmen müssen, einer habe in seiner Verzweiflung „immer Kuckuck geschrien“, um seine träge Gemeinde zum Lachen zu bringen.

Dagegen hört sich das Witzlein von der Herbergssuche schon wieder harmlos an, das ein schwäbischer Pfarrer dereinst von der Kanzel herunter verkündet hat. Vergeblich hätten Maria und Josef bei einem Gastwirt in Bethlehem ein Quartier gesucht, der Mann habe sie einfach weggeschickt. Worauf Josef anklagend auf Marias Bauch gedeutet habe: „Sehen Sie denn nicht, in welchem Zustand sie ist?“. Antwort des Gastwirts: „Dafür kann ich doch nichts“. Replik des entrüsteten Josef: „Ich vielleicht?“ Volltreffer!

Dennoch ist die Sitte des „Osterlachens“ (risus paschalis) spätestens in der Barockzeit allmählich verschwunden. Sie scheint aber in letzter Zeit in der katholischen Kirche eine zaghafte Wiederauferstehung zu erleben: da und dort trauen sich Pfarrer wieder, einen Osterwitz zum Besten zu geben. Sie können sich dabei sogar auf einen prominenten Unterstützer berufen, auf den pensionierten Papst Benedikt XVI., der über die Tradition des Ostergelächters in früheren Zeiten geschrieben hat, es sei „eigentlich doch etwas Schönes und Angemessenes, dass Lachen zum Symbol geworden war.“ Man muss sich dafür ja nicht gleich – wie weiland ein Theologe in Basel – als Henne verkleiden und mit kräftigem Gegacker so tun, als werde man gleich ein Ei auf die Kanzel legen . . .