Witzig und mit liebevoll gezeichneten Charakteren zeigt der ARD-Film „13 Uhr mittags“, dass Westernthemen gut in die deutsche Provinz passen. So eisern ehrbar wie einst Gary Cooper als Marshal sind die Dorfpolizisten von heute aber nicht mehr.

Stuttgart - Gut, dass die offene Gesetzlosigkeit normalerweise einen großen Bogen um Hedly macht, um eines jener Örtchen im Oldenburger Münsterland, wo sonst die Standuhrpendel vor Langeweile einschlafen. Denn nun stünden 24 Stunden lang den Mächten des Chaos Tür und Tor offen: Olaf Gabriel (Jörg Schüttauf), der einzige Beamte des örtlichen Polizeipostens, hat seinen Abschied genommen und packt für eine Fahrt ohne Wiederkehr. Gabriels Nachfolger aber verspätet sich um einen Tag.

 

Wie gesagt, normalerweise könnte Hedly einen polizeilosen Tag ohne Horroreintrag in der Dorfchronik überstehen. Aber in der Westernparodie „13 Uhr mittags“ von Martina Plura ist Gabriel doch verdächtig nervös, und der örtliche Bestattungsunternehmer hobelt schon mal Särge „auf Vorrat“, wie er sagt. Spätestens als die Kamera einen Schienenbus heranzuckeln zeigt, wird klar, dass Bedrohliches naht.

Ganz schnell weg

Tatsächlich hat es vor ein paar Jahren doch mal gerappelt in Hedly. Die Bank wurde überfallen, Gabriel geriet mitten hinein ins Geschehen, es gab einen Toten. Und nun kehrt dessen frisch haftentlassener Bruder mit dem Rest der Bande zurück. Leider einen Monat früher, als sich Gabriel im Kalender vermerkt hat. Darum will er nun ganz schnell weg, obwohl ihm eine Kollegin (Rosalie Thomass) vom Landeskriminalamt den Befehl überbringt, er müsse noch einen Tag bleiben. Warum er es denn so eilig habe, fragt sie ihn, und der gar nicht markige Mann erwidert: „Ich möchte nicht, dass Hedly alles war, was ich im Leben gesehen habe.“

„13 Uhr mittags“ spielt zwar ganz liebevoll mit Motiven aus dem Westernklassiker „High Noon – 12 Uhr mittags“ aus dem Jahr 1952, in dem sich Gary Cooper als einsamer, von seinen Mitbürgern im Stich gelassener Marshal Will Kane gegen eine Verbrecherbande wappnen muss, die der Mittagszug in die Stadt bringen wird – doch hat der allgemeine Glaube an makellos integre Gesetzeshüter in der Zwischenzeit eher ein wenig abgenommen. Und so gibt es bald Anzeichen dafür, dass Gabriel Geheimnisse hat. Auch wenn ihm die örtliche Schützenkönigin (Katharina Behrens) liebend mit der Schrotflinte zur Seite steht, wir trauen ihm nicht so recht.

Wunderbare Kontraste

Es sind aber gar nicht irgendwelche großartigen Drehbuchüberraschungen, die „13 Uhr mittags“ sehenswert machen, es ist die Präzision, mit der Ensemble und Regie die Pointen setzen, und die skurrile Menschlichkeit, mit der aus einem Lacheffekt ein Moment der Charakteroffenbarung wird. „Aah, das halt ich nicht aus“, japst der Polizist, als ihm Hedlys Tierärztin einen Streifschuss desinfiziert. Sein Gejammere und ihr lakonischer Befund, das sei „ein Kratzer“, bilden einen wunderbaren Kontrast.

Sie möchten sich, sagen die Schwestern Martina und Monika Plura (Monika hat die Kamera geführt), einen Namen wie die Coen-Brüder machen. Dass darin die nötige Selbstironie mitschwingt, glaubt man nach diesem Film sofort. Dass die Pluras mit Einflüssen von den Coens, Quentin Tarantino und dem klassischen Hollywood besser umgehen können als viele andere, aber auch.

Ausstrahlung: Mittwoch, 30. Mai 2018, 20.15 Uhr. Wiederholungen am Donnerstag, 31. Mai 2018, 0:35 Uhr in der ARD sowie am Sonntag, 03. Juni 2018, 20:15 Uhr auf One.