Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Spott und Hohn, Hass und Verleumdung ergossen sich danach über den Präsidenten der Legion, auch wenn er selbst nicht der Feldherr, nur die Galionsfigur war. Die von reaktionärer Feder geschürte Kampagne hatte Wirkung. Herwegh fiel in eine tiefe Lethargie. „Er hatte eine Schreibblockade“, glaubt Rea Köppel. Er schaffte es nicht einmal, eine Erklärung über den verpfuschten Feldzug zu schreiben. Auch das musste Emma erledigen. Ihre Broschüre „Im Interesse der Wahrheit“ zeichnete sie trotzig mit „Von einer Hochverräterin“. Erfrischend undogmatisch schrieb sie gegen die Lügen an, obwohl sie eigentlich gar nicht vorgehabt habe, „die Zahl der schriftstellerischen Frauen“ vermehren zu wollen.

 

Zu Georg Herweghs Schreibblockade kam 1849 ein Seitensprung, der öffentlich breitgetreten wurde. Die Affäre beschäftigte den europäischen Blätterwald. Gegenseitige Beschimpfungen, Duellforderungen, Satisfaktionsaberkennung ruinierten den Ruf Georg Herweghs. 1853 hat sich zwar die Ehe mit Emma wieder eingerenkt, doch der Dichter blieb geächtet. Kein Verleger wagte, ihn zu drucken. „Dabei ist sein Spätwerk sehr interessant“, findet Rea Köppel. „Es ist viel inhaltlicher und nüchterner als das Vormärz-Pathos.“ Dazu gehört das prophetische „Germania – mir graut vor dir!“ nach dem preußischen Waffengang gegen Frankreich.

Und dazu gehört auch das 1863 geschriebene „Bundeslied“ für den SPD-Vorläufer Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein von Ferdinand Lassalle: „Mann der Arbeit aufgewacht / Und erkenne deine Macht / alle Räder stehen still /wenn dein starker Arm es will.“ Diese Strophe ist noch heute eine Streikparole. Für Herweghs scharfe Kritik am Kaiserreich gab es keinen Pardon. Emmas Bitte nach einer Rente für den verarmten Dichter wurde von der Schiller-Stiftung mit der Bemerkung abgewiesen, Herweghs Name verdiene, „für immer aus den Annalen deutscher Literatur gestrichen zu werden“.

Es war die Rache für seine unbeugsame Haltung. Emma musste Bibliothek und Mobiliar verkaufen, um den Haushalt über Wasser zu halten. Ihre reiche Familie strich die Zuwendungen. Kurz vor seinem Tod 1856 diktierte Heinrich Heine noch einen Vers, der auch auf Herwegh zutrifft: „Meine Waffen sind nicht gebrochen – nur mein Herze brach.“ Georg Herwegh starb am 7. April 1875 in Baden-Baden. Emma überlebte ihren Mann um fast 29 Jahre. Sie starb am 24. März 1904 in Paris. Begraben sind beide im Schweizer Liestal, wo sie das Bürgerrecht erworben hatten. Auf der linken Rheinseite, 25 Kilometer von Dossenbach entfernt.